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Switcher-Erfahrungen (Teil 1)

Humor


25.09.2003   Ich kann gar nicht zählen, wie oft mich mein „guter Bekannter“ David in den letzten Monaten genervt hat. Mit Engelszungen habe ich den Mac gepriesen! Habe seine besten Fähigkeiten besungen! Und beißende Galle über den PCs dieser Welt ausgeschüttet! Aber was, frage ich, ist daraufhin geschehen? Mein „guter Bekannter“ rief mich daraufhin zu jeder beliebigen Tages- und Nachtzeit an wie folgt:

Das verdammte Telefon: (klingelt)
Ich: „Hallo, verdammt. Wer ist dran?? Mac-TV hier!“

(Zur Erläuterung sei angemerkt, dass ich mich immer so harsch wie möglich am Telefon melde, um unseren Gläubigern gleich zu Beginn klar zu machen, dass mit uns nicht gut Kirschen essen ist. Allerdings, wenn unser Provider am Telefon ist, verwende ich lieber die Mitleidstour. Erst nestle ich eine Weile am Hörer herum, danach melde ich mich mit leiser, sterbender Stimme: „Ha... hal... hallo... bist Du das, David... hast Du ein Stück Brot für mich... hallo... wer ist denn dran...“ Diesmal konnte es sich angesichts der mitternächtlichen Stunde nicht um unseren Provider handeln, deshalb fauchte ich wie beschrieben in die Muschel.)

David: „Ich bin’s David. Du, hast grad eine SEKUNDE Zeit für mich? Ist wirklich nur ganz kurz, und es wär’ total lieb von Dir, echt total lieb.“

Moment mal. Auf so was falle ich nicht rein. Ich bin zwar unverheiratet, aber gewarnt. Ein guter Freund, der bereits vor längerer Zeit dem ehelichen Werben seiner Freundin zum Opfer gefallen war, hat mir die Augen geöffnet. Er sagt, wenn’s das große Kerzenlicht-Dinner mit der tollen Verführungsnummer gibt, hat entweder das Auto einen Totalschaden, oder der Computer formatierte plötzlich seine Festplatte (und das, obwohl die Freundin beteuert, dass sie den Computer gar nicht eingeschaltet hatte, außer vielleicht ganz kurz). Er hat mir unter bitteren Tränen geschildert, wie er seit dieser Erkenntnis mit trockenem Hals das Gemüse herunterwürgt, sobald er mit einem unerwartet festlichen Abendmahl empfangen wird. Panische Schweißperlen bilden sich auf seiner Stirn, während er sein womöglich letztes Mahl zu sich nimmt. Es ist erschreckend: Seine frühere Leibspeise verbindet er heute mit Tod und Verderben. Der Ärmste.

David: „Ich würde ja jemand anderes fragen, aber Du kennst Dich von allen am besten aus mit Computern.“

Was soll ich sagen? Er hat natürlich Recht. Daraus kann man ihm ja wohl keinen Vorwurf machen.

David: „Nur kurz eine CD brennen. Bin gleich wieder weg.“

Eine CD brennen? Dies offenbarte das ganze Unglück, dem dieser arme Mensch ausgeliefert ist. Er kann keine CD brennen. Und warum nicht? Weil er nur einen PC mit 486er-Prozessor und 66 MHz Taktfrequenz inklusive Windows 95 besitzt. Er verfügt über eine Bildschirmauflösung von 480 x 640 Pixeln und schneckt mit einem Modem durchs Web.

Ich schloss die Augen. Jahrelang hatte ich auf meine große Chance, meine Bestimmung gewartet -- auf eine Aufgabe, die so gewaltig war, dass meine brach liegenden Fähigkeiten endlich einmal gefordert würden, und deren grandioses Ergebnis mich unsterblich machen konnten. Die Chance meines Lebens: Hier war sie!

Als Anhänger der Kuhstall-Theorie begriff ich sofort, dass der große Moment gekommen war. So einen miesen, veralteten und verhackstückten PC würde ich mein ganzes Leben nicht mehr angesichtig werden, also hieß es: Nicht lange gefackelt und die Messer gewetzt!

Ich meine, was ist das für ein müder Spaß, eines jener unerzogenen Kids mit ihren 3-GHz-PCs und Windows XP zum iMac zu bekehren? Da muss man sich nur ständig anhören: „Ey, beim PC geht das aber so und so... alles viel schneller... blabla...“. Es macht keinen Spaß. Aber hier hatte ich ein Opfer, so unschuldig und ahnungslos, so hoffnungslos hintendran und leicht zu beeindrucken: Das durfte ich mir einfach nicht entgehen lassen!

So ähnlich mussten sich die Oberstüfler in meinem Gymnasium gefühlt haben, die uns Achtklässlern die gleichaltrigen Freundinnen ausgespannt hatten.

Fortsetzung folgt.