Fenster schliessen
 | RSSImpressum | Login logo
logo



Einige ungebetene Weisheiten zu Cleaner und Apple


Erinnert sich jemand an Adobe? Diese Firma, die mal im Mac-Markt aktiv war? Sie hat sich immer von jenen Märkten zurück gezogen, die von Apple neu in Angriff genommen wurden. Spektakulärstes Beispiel dafür war das Videoprogramm "Premiere". Argumentation: "Wenn wir mit unserem Produkt einen großen Happen von Apples kleiner Nische bekommen, dann können wir damit leben. Wenn wir diese kleine Nische aber mit anderen teilen müssen, dann ist das nicht mehr genug für uns, weil nicht rentabel."

Cleaner ist ein für Videoleute fast unverzichtbares Produkt, um fertige Videos für's Internet oder für CDs usw. zu komprimieren. Man kann einen Film auch für andere Formate konvertieren, was enorm wichtig ist, weil die meisten Websites ihre Filmchen in mehreren Formaten (Real Windows Media, Quicktime) und diese dann auch noch in mehreren Bandbreiten anbieten müssen (Modem, DSL).

Mit Final Cut Pro 4 (im folgenden FCP4 genannt) bietet Apple ein eigenes Kompressionsprogramm an. Es heisst "Compressor" und beseitigt die Notwendigkeit, sich zusätzlich zu FCP4 auch noch Cleaner anzuschaffen. Es ist völlig logisch, dass der Hersteller das Produkt einstellt oder zumindest nicht mehr weiterentwickelt.

Hätte Apple Cleaner kaufen wollen, hätten sie es längst getan. Jetzt haben sie ihr eigenes Produkt. Was sollen sie jetzt noch mit Cleaner anfangen? Discreet hat angeblich die Entwickler rausgeworfen, folglich gibt's auch kein Know-How mehr zu kaufen, nur noch das Produkt und den Namen. Wenn Apple Interesse am Know-How hat, wird es ihnen nicht schwer fallen, die zwei federführenden und nun arbeitslosen Entwickler einzustellen. Vielleicht haben sie es schon getan.

Wer "Compressor" zuerst sieht, denkt unwillkürlich: "Die haben Cleaner gekauft". Aber beim Ausprobieren denkt man sich: "Nein, kann nicht sein, dafür ist 'Compressor' zu schlecht."

Ist also "Compressor" ein Ersatz für Cleaner? Keineswegs. "Compressor" ist ein Witz. Es ist eine aufgebohrte Variante des Quicktime-Pro-Players, mit dem man schon immer Dateien komprimieren konnte, auch aus Final Cut Pro heraus. "Compressor" bietet eine Vorschau und eine Stapelverarbeitung, das war's. Ansonsten ist es genauso beschränkt wie der Quicktime-Player, und eben diese Beschränkung war der Grund, warum man Cleaner brauchte und weiterhin braucht.

Aber Discreet ist nicht doof. Die wissen, dass es sich bei "Compressor" um eine klassische 1.0-Version handelt, die schon bald besser werden kann. Also lieber aussteigen, bevor man hier Geld verliert.

Im Moment zeichnet sich hier ein wichtiger Nachteil für die Mac-Plattform ab. Das, was Cleaner macht, besetzt einen Nervenknoten im Workflow für Videoschaffende. Was nutzt das schönste Video, wenn man es nicht in das passende Format überführen kann?

Mal abgesehen von einer Menge schwerwiegender Bugs in "Compressor" (die sogar so weit gehen, dass Bild und Ton um Sekunden zueinander verschoben sind): Für's Internet kann man eigentlich nur MPEG-4-Videos erstellen, alles andere wurde ebenso (künstlich) beschnitten wie im QT-Player.

Beispiel: Unsere Trailer weisen sehr viel Bewegung auf, dafür ist der MPEG-4-Codec nicht gut genug. Also nehme ich den Sorenson-Codec, der nach wie vor besser ist. Aber den Sound möchte ich als AAC-Spur, weil AAC nunmal das Beste ist. Kein Problem in Cleaner! Video: Sorenson. Audio: AAC. In "Compressor" geht das nicht. AAC gibt's nur, wenn ich auch das Video als MPEG-4 kodiere. Sonst werde ich mit einem müden 48-kBit/s-Codec aus Großväterchens Zeiten bestraft. Das ist aber zu schlecht für unseren Trailer. Ich will CD-Sound. Den gibt mir Cleaner.

Die Quicktime-Architektur kann enorm viel, und sei es nur, dass ich als Urheber bestimmen kann, ob das Video beim Betrachter sofort startet oder ob ein Klick notwendig ist. Diese Dinge sind wichtig. Insofern bleibt man etwas ratlos zurück, was nun werden soll. Ohne Cleaner geht's nicht und "Compressor" ist meilenweit davon entfernt. Wenn Apple Cleaner bereits gekauft hat, dann versteht man das Ergebnis noch weniger. Wenn sie es noch nicht gekauft haben, sollten sie es schnell tun, aber wenn der Preis nicht sehr niedrig ist, werden sie eher versuchen, alles selbst zu machen, zumal sie die wesentlichen Zutaten (die QT-Codecs) sowieso schon besitzen.

"Compressor" taugt auch insofern nichts, als es nur QT-Codecs unterstützt und das ist nackter Wahnsinn. Wer ist bloß auf diese kranke Idee gekommen? Apple kann froh sein, dass Macs zur Herstellung des Contents benutzt werden, auch wenn am Schluss ein Video im Real-Format herauskommt. Was hat Apple sich da einzumischen? Wenn sich auf einem Mac keine PC-Formate mehr erzeugen lassen, dann gute Nacht! Dann ist man ja gezwungen, sich einen PC zu kaufen, selbst wenn man Apple-Fan ist.

Man kann nur hoffen, dass diese Fragen bald geklärt werden.