Eilmeldung: Microsoft hat abgewirtschaftet und Windows ist technisch bankrott

Wenn man heute den täglichen Rundblick durch die Nachrichtenlandschaft hinter sich hat, gibt es keinen Zweifel, dass Microsoft die Presswerke still legen und die Mitarbeiter nach Hause schicken kann. Microsoft sieht sich einer eisernen Front der Ablehnung und Missachtung gegenüber, die sich in der letzten Zeit im Stillen aufgebaut hat und nun überdeutlich sichtbar wird.


Die Kunden haben die Schnauze voll, so kann man es zusammenfassen. Es ist schwer, in diesen Wochen überhaupt irgendeinen halbwegs positiv gefärbten Artikel über Microsoft zu finden, und es handelt sich dabei keineswegs um die Auswirkung eines spontanen, flüchtigen Stimmungstiefs, sondern es ist das Ergebnis eines langsamen, stetigen Prozesses, den aufmerksame Beobachter schon seit Jahren kennen. Was langsam im Lager der Freaks begann, schwappt nun mit ganzer Kraft ins Lager der Konsumenten und findet dort ein Medien-Echo, welches wohl bislang einmalig sein dürfte.


Das Sumpfloch

Um was geht es? Es geht um tausende widerlicher Viren, Würmer, Trojaner und Dialer, die den Anwender schachmatt legen. Diese kleinen Progrämmchen sind mittlerweile so clever, dass allein der Besuch einer Website reicht, um sich zu infizieren. Einige Viren laden von einem geheimen Server weitere Software nach: Beispielsweise installieren manche buchstäblich einen kompletten kleinen Mailserver, der von außen mit Porno-Spam gefüttert wird und ihn in alle Welt weiterschickt – auf Kosten des Anwenders natürlich. Womöglich kommt noch in den Knast dafür. Die Software lädt sogar in aller Seelenruhe tägliche Updates für sich selbst herunter. Ist das zu fassen?

Unter Windows XP ist es tatsächlich möglich, dass Programme sich einfach installieren, buchstäblich beliebige Dinge ausführen, sich danach selbst löschen und somit die Spuren verwischen. Dialer beispielsweise rufen mal schnell für 30 Euro pro Anruf (kein Witz!) eine 0190-Nummer an und löschen sich selbst. Der Kunde kann jetzt zusehen, wie er den Betrug nachweist.

Windows XP ist zu einem derartig abscheulichen Sumpfloch geworden, dass selbst leidgeprüfte PC-Fans langsam die Geduld verlieren. Wohlgemerkt, wir reden hier von Leuten, die beispielsweise beim Booten sagen: »Ah, das ist dieser Error, wenn der kommt, ist alles in Ordnung«. Es sind Leute, die es gewohnt sind, sich mit Halbheiten und Zickigkeiten zufrieden zu geben, weil sie denken, dass das »nunmal so ist« oder dass sie eben nicht genug von diesem Computerkram verstehen. Es sind Leute, die es lange nicht mehr wundert, wenn die Schriftverwaltung streikt und einen Fehler beim Drucker meldet, obwohl sie gar keinen Drucker besitzen.

Alles das konnte diese Leute nicht dazu bewegen, über einen Wechsel nachzudenken. Es heißt, wir Mac-Fans würden unsere Plattform mit Zähnen und Klauen verteidigen, und da ist auch was Wahres dran, aber wie sieht es denn bei den PC-Usern aus? Die kleben doch an ihrer Plattform, obwohl sie diese selbst nicht leiden können. Anstatt endlich die Konsequenzen zu ziehen und sich einzugestehen, dass sie ein mieses Produkt haben, kaufen sie beim nächsten Mal schon wieder so eine Mühle! So fanatisch und verblendet (oder so blöd) kann ein Mac-User gar nicht sein!

Und ehrlich gesagt habe ich die Geschichten satt, in denen sich irgendwelche Kolumnisten über die Mac-Fans lustig machen, weil diese dauernd missionarische Leserbriefe schreiben und sich für die Plattform einsetzen. Da hat einer dieser Kolumnisten jüngst veröffentlicht, sein PC sei dem Lochfraß zum Opfer gefallen und er säße vor einem Scherbenhaufen -- und macht sich über die Mac-User lustig, die ihm daraufhin in bester Absicht geschrieben haben, er könne ja mal einen Mac probieren, denn dort gäbe es solche Probleme nicht. Ja, was denn nun? Da wird einem dauernd vorgeworfen, man wäre ja nur den Marketingkünsten von Steve "Jesus" Jobs auf den Leim gekrochen. Und wenn man nun konkret aufzeigt, wo der Unterschied liegt, dann ist es auch nicht recht. Gibt es nun Viren auf dem Mac oder nicht? Man wird ja wohl noch drauf hinweisen dürfen.

Mac-User werden als fanatische Schreihälse hingestellt, während die PC-User brav und anständig sind. Die Wahrheit ist: Die PC-User sind nur deshalb so still, weil sie den Mund voll haben mit Erbrochenem.

Beim Themenkreis "Internet, Sicherheit, Viren" liegen die Fakten zum Glück objektiv auf dem Tisch, und so kommt auch die Presse nicht mehr dran vorbei.


Die Medien machen mobil

Aber jetzt, mit der Virenproblematik, kommt endlich Bewegung in die Sache. Die großen US-Zeitungen und Magazine sind in diesen Wochen voll von Berichten und Kolumnen, und der Inhalt ist stets der gleiche: Windows ist unsicher, und der Anwender ist konkret gefährdet. Es ist nicht irgend so ein theoretischer Experten-Krimskrams, sondern es betrifft direkt die Festplatte des Anwenders. Weiterhin ist stets zu lesen, dass auch der neueste Patch von Microsoft nicht hilft, weil das Problem grundsätzlich in der Art besteht, wie Windows aufgebaut ist. Der Hinweis auf den Mac und OS X ist ebenfalls stets dabei, und manche Autoren schreiben es ganz direkt: „Wenn Sie alle die Probleme loswerden wollen und wechseln können, kaufen Sie sich einen Mac“. Dieser Empfehlung folgt erstaunlicherweise auch nicht die sonst übliche Litanei, welche Nachteile ein solcher Wechsel hat, sondern im Gegenteil liest man heute eher, dass selbst Microsofts eigene Software auf dem Mac sicher und kompatibel läuft. »Wenn Sie mit Microsoft Office produktiv arbeiten wollen, kaufen Sie sich einen Mac!« Welch Ironie!

Da liest man von Dell-Manager Brad Hudelson, der sich nach der Attacke des Sasser-Virus entnervt einen Mac besorgte und seinen PC in hohem Bogen aus dem Fenster warf. Ist das witzig? Eigentlich nicht, denn dieser Mann ist kein Mac-Fan. Er wechselte nicht, weil er zu »den Guten« gehören wollte, sondern weil ihm nach seinem Empfinden keine Möglichkeit blieb, bei seiner Wunsch-Plattform zu bleiben. So weit ist es also schon gekommen.

Interessant ist, dass es aktuell keine »Virus-Welle« gibt, die solcherlei negative Presse nach sich ziehen würde, um sich danach wieder zu normalisieren. Vielmehr hat das übliche »Grundrauschen der Unzufriedenheit« eine Schwelle überschritten, die selbst die bräsigen Medien nicht mehr ignorieren können und die sich nun plötzlich laut artikuliert.


Wer den Schaden hat...

Dabei schadet es Microsoft enorm, dass man seit Jahren als schurkische Organisation wahrgenommen wird. Die Wahrheit ist: Niemand kann Microsoft leiden. Zu fett, zu dreist, zu hinterhältig. Und dabei technisch nicht einmal außergewöhnlich gut, sondern bestenfalls ordentliches Mittelmaß. Microsoft hat sich überall breit gemacht, aber nicht still und leise, sodass es allen egal sein könnte, sondern mit so viel Gepolter und Geschrei, dass man sich die Ohren zu halten muss. Nicht nur die schweißig-kreischigen Auftritte von Microsoft-Boss und Vorturner Steve Ballmer sind peinlich und in ihrer wilden Aggressivität angsteinflößend, sondern Microsofts allgemeine Firmenstrategie ist derart totalitär, diktatorisch und unausweichlich, dass einem denkenden Menschen ohnehin nur die Flucht übrig bleibt.

Tatsächlich ist die Welt so fest im Würgegriff von Bill Gates, dass sie trotz dieses Fluchtinstinkts, mittelmäßiger Produkte und miesem Markenimage ungestört weiter verkaufen konnten. Seit Jahren ist Microsoft an einen Punkt angelangt, bei dem kein Kunde die Produkte mehr aus Begeisterung kauft, sondern entweder, weil’s mitgeliefert wird, oder weil Kompatibilität erforderlich ist, oder weil Wettbewerber durch mafiose und illegale Methoden mit Stumpf und Stil ausgerottet wurden.

Microsofts Verkaufsargumente gleichen eher einer unverblümten Erpressung als einer Darstellung von Features und Vorzügen – das gilt übrigens nicht nur gegenüber Kunden, sondern viel mehr noch gegenüber Entwicklern, Zulieferern und Herstellern. Und je größer der Druck wird, den Microsoft ausübt, desto mehr zusätzlicher Druck wird benötigt, um die Adressaten an der Flucht zu hindern. Microsoft fühlt sich unangreifbar, und deswegen haben sie sich bewusst für diesen absurden Weg entschieden. Aber irgendwann ist jede Schraube überdreht.


Was zuviel ist, ist zuviel

Wenn die Kunden irgendwann bereit sind, alles über Bord zu werfen, Hauptsache, es befreit sie von dieser Firma, dann muss neu addiert werden, was Microsoft tatsächlich auf die Waage bringen kann, um am Markt zu bestehen. Und was bringen sie auf die Waage? Sie haben ein qualitativ kritikwürdiges Betriebssystem, das zudem im Visier praktisch aller EDV-Spitzbuben dieses Planeten ist, sowie ein Markenimage, welches vergleichbar ist mit der Scientology-Sekte.

Rein vom Produkt her hat Microsoft seit jeher nur Kosmetik an einem wackligen Fundament betrieben, und jetzt kommt es ans Tageslicht. Von unten greift Linux an, von oben stiehlt ihnen OS X die Schau. Sie werden Jahre brauchen, bis sie die aktuellen Schwachstellen gestopft haben, und in dieser Zeit wird man ihnen diese Schwachstellen jeden Tag um die Ohren hauen. Als Company und Marke hat sich Microsoft so gründlich unmöglich gemacht und ins Abseits gestellt, dass eine Werbeagentur vermutlich den Wechsel des Namens empfehlen müsste, um hier wieder Boden gut zu machen. Das alles wird nicht ohne Auswirkungen bei Verkäufen und Marktanteilen bleiben. Microsoft hat sowohl beim Produkt sowie auch als Company abgewirtschaftet, und nur ihr Monopol schützt sie davor, die wirtschaftlichen Konsequenzen daraus zu spüren.

Wie wird Microsoft reagieren? Die Sicherheitslücken sind diesmal wirklich ein ernstes Problem für eine Firma, die ansonsten alle Probleme aussitzen konnte. Microsoft wird erhebliche Anstrengungen unternehmen, Windows sicherer zu machen. Außerdem wird Microsoft versuchen, den Druck auf die Kunden weiter zu erhöhen. Office läuft dann in einer Firma nur mit einem Windows-Server als Backbone richtig gut, Pech für Linux. An diesem Windows-Server lassen sich leider nur Windows-Clients anschließen, denn sonst »könnte es unter Umständen zu unerwarteten Ergebnissen führen, wollen Sie fortfahren?« Pech für OS X! Kopiergeschützte CDs und DVDs lassen sich nur abspielen, wenn das Gerät mit einer Windows-Software betrieben wird, denn nur mit Windows ist es wirklich sicher. Polemik? Spekulationen? Keineswegs. Alles bereits in der Pipeline, als Beta anzusehen und bei heise nachzulesen.

Microsoft wird mit dieser Taktik und unter Zuhilfenahme des Tiefschlafs von Justiz und Politik (und dem einen oder anderen Scheck) noch lange Zeit Erfolg haben, vielleicht sogar noch mehr als heute, weil sich Microsoft längst gewaltig große Industrien abseits der PC-Branche vorgenommen hat und dabei bis jetzt kaum auf Hindernisse gestoßen ist. Trotzdem: Das erstaunliche Medienecho zeigt, dass sich das Blatt im PC-Markt auch wenden kann. Bisher las man in den Zeitungen höchstens: »Heute zeigen wir Ihnen ein paar komische Exoten, zum Beispiel den Mac«. Heute heißt es: »Wenn Sie den ganzen Scheiß satt haben, dann kaufen Sie sich einen Mac, am besten noch heute!«. Und den Lesern scheint die Marke Apple derzeit nicht zuletzt durch den iPod/iTunes-Erfolg als ziemlich sexy. Der neue iMac ist da, der Preis stimmt auch – da muss was gehen.

Neulich wurde ich in einem Gravis-Laden von einem PC-Anwender um Rat gefragt. Es ging um ein PowerBook und ich zauberte als großartigen Höhepunkt des Gesprächs mit der mir eigenen, unvergleichlichen Grandezza die Tatsache hervor, dass alle PowerBooks bereits WLAN eingebaut hätten, sozusagen das ganz tolle, moderne Killerfeature ohne Aufpreis. Und nicht irgendein Schmalspur-WLAN, sondern das schnellste, was es gibt! Wahnsinn! Der Kunde geriet spontan in Verzückung und verriet mir, dass seine DSL-Box von der Telekom ebenfalls schon WLAN-Antennen böte. Das passte ja super! PowerBook kaufen, und los! Da verfinsterte sich seine Mine und er versicherte mir, dass sein Arbeitsgerät auf keinen Fall ans Internet angeschlossen würde. Das sei absolut tabu, wegen der ganzen Viren und der Sicherheit. Für seine Emails würde er deshalb extra einen zweiten PC benutzen, und dabei bleibt’s.

Ich sagte, hey, das ist UNIX unter der Haube, das ist sicher, und Viren gibt es gar nicht. Wir sind die Guten! Das sei eben der Vorteil von OS X, außerdem müsse ein Computer heutzutage einfach ans Web angeschlossen werden, alles andere sei absurd. Dies zu glauben und sich damit wohl zu fühlen war eine Hürde, die für diesen PC-Anwender zu hoch war. Er konnte sich das nicht vorstellen. Das war ihm dann doch eine Spur zu abgefahren. Internet am Computer? Lieber nicht.

Man kann über diesen Anwender schmunzeln. Aber wissen wir, was er bereits durchgemacht hat? Wissen wir, wie er zu seiner Haltung kam?

Ich will’s lieber nicht wissen.