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Wi-Fi 7 und AirPlay


24.01.2022   Kann eine Technologie die Welt retten, wenn sie einen derart hässlichen Namen hat wie IEEE 802.11be EHT?

Definitiv. Sie muss es sogar. Denn, wie ich in meinem letzten Artikel wortreich erläutert habe, besteht die drahtlose Datenübertragung derzeit aus einem Zoo von halb funktionierenden Insellösungen, bei denen selbst ihre eifrigsten Verfechter heimlich wünschen, sie hätten ein Kabel zur Hand.



Das liegt einerseits an der Datenübertragung als solche. Andererseits, und vor allem, liegt es an inkompatibler Software. Windows empfängt keine Daten per AirDrop, egal wie schnell die Daten flitzen.

Aber was kümmert uns Windows? Wir leben in harten Zeiten, seien wir ehrlich. Man muss sehen, wie man halbwegs zurande kommt. Neulich besuchte ich einen Windows-Kollegen in seinem Büro und fand einen Drucker, der aus Versehen eine dieser endlos scrollenden Facebook-Seiten ausdrucken sollte und seit 23 Jahren damit beschäftigt ist. Aber niemand in diesem Büro weiß, wie man es stoppt. Man hätte, so sagte man mir, schließlich noch andere Sachen zu tun und sich kurzerhand einen weiteren Drucker gekauft.

Klar. Funktioniert.



Eins steht fest, „IEEE 802.11be EHT“ wird diese Leute nicht retten. Aber was ist mit uns Apple-Anwendern? Tatsächlich könnte es für uns eine größere Bedeutung haben als für andere.

Hinter dem seltsamen Namen versteckt sich Wi-Fi 7, dem für die Jahre 2023 oder 2024 zu erwartenden Standard für drahtlose Netze. Die Buchstaben EHT bedeuten »Extremely High Throughput«. Damit sollen ganz besonders hohe Datenraten erreicht werden, im idealen Fall ähnlich wie bei Thunderbolt. Von 30 bis 40 Gigabit pro Sekunde ist die Rede, das entspricht etwa 3 bis 5 GByte pro Sekunde. Man könnte also eine Datei von 5 GB in einer Sekunde übertragen. Das ist atemberaubend.



Allerdings, je extremer diese Datenraten werden, desto mehr sind sie abhängig von idealen Umständen. Größere Distanzen oder gar Wände können den Durchsatz schnell auf die Hälfte oder ein Zehntel reduzieren. Ein Kabel ist hier zuverlässiger. Aber immerhin. Erreicht wird es unter anderem durch eine Bündelung verschiedener Kanäle bzw. Frequenzbereiche. Die Idee ist nicht neu, wird hier aber auf die Spitze getrieben.

Was hat das mit Apple zu tun? Apple arbeitet seit einiger Zeit an einer zukunftsträchtigen Idee, die zwar allseits bekannt ist, die jedoch nie größere Beachtung fand: AirPlay. Mit AirPlay kann man Audio und Video per Wi-Fi zum HomePod oder zum Apple TV senden. Beispielsweise höre ich gerade Musik, indem ich sie vom iPhone auf meine HomePods übertrage. Diese moderaten Datenmengen funktionieren heute schon passabel.



Ein weiteres Beispiel, das schon kniffliger ist: Ein moderner Mac kann sich ein zusätzliches Display verschaffen, indem er die Daten zu einem iPad sendet. Kniffliger ist es deshalb, weil die Daten nicht gepuffert werden können. Wenn sich die Maus bewegt oder ein Menü aufgeklappt wird, muss es unmittelbar sichtbar werden. Hier konkurriert eine drahtlose Technik direkt mit einem Kabel.

Mein nächstes Beispiel zeigt das wahre Potenzial. Wenn ich in der Sendung gelegentlich Keynote-Präsentationen zeige, schicke ich die Ausgabe per Kabel in die Regie. Aber per AirPlay sende ich eine weitere Anzeige auf ein Apple TV, sodass ich Notizen auf einem Display direkt unter der Kamera sehen kann. Mehr noch: Eine weitere Ausgabe, ebenfalls per AirPlay, beamt die Präsentation auf mein iPad, wo ich zusätzlich einige Funktionen eingeblendet bekomme, etwa einen Laser-Pointer.



Das ist aus zwei Gründen bemerkenswert. Erstens, ein Mac kann so viele Display-Anschlüsse gar nicht haben. Aber wenn die Anschlüsse per Software erzeugt werden können, hat man plötzlich ungeahnte Möglichkeiten. Zweitens, die Datenmenge ist enorm. Auch der Grafikchip hat eine Menge zu tun. Und trotzdem funktioniert es.

Oder sagen wir: Wenn man nicht zu hohe Ansprüche stellt. Denn die gewohnten 50 oder 60 Hz (Bilder pro Sekunde) sind nicht drin. Es ruckelt etwas. Es reicht für statische Folien, aber nicht für tolle Animationen oder gar Video.

Trotzdem kann man beobachten, wie das zuständige Team bei Apple jedes Jahr weiter daran feilt. Zunächst war es ein nettes Gimmick. Dann hatte es die gleichen Funktionen, die man vom Kabel gewohnt war. Mittlerweile geht es darüber hinaus. Es fehlt lediglich die Bandbreite im WLAN.

Heute fragen wir Apple, wie viele Displays man an das neue MacBook Pro anschließen kann. Morgen könnte die Antwort lauten: So viele Du möchtest — drahtlos. Diskussion im Forum