Die Welt teilt mir in kleinen, schroffen Gesten mit, dass sie mich nicht mehr mag.
Es ist die Anti-iPhone-Ära, weil die iPhone-Ära eine Ära von "Peace & Love" war, eine Ära, deren Technologie die Nutzer umarmte und liebte: Wege wurden geebnet, neue Dinge wurden möglich, und Apple hat überall noch einen paar Blumen hingestellt. Alles wurde einfach — ja mehr noch, es zauberte einem ein Lächeln ins Gesicht.
Ganz anders heute. Es scheint so, als wäre der Zweck von Technologie vor allem, sich mir möglichst breitbeinig in den Weg zu stellen und mir den Tag zu versauen.
Man kann keine Webseite mehr besuchen, ohne zuerst einen ganzen Haufen an Mist beiseite zu karren. Es war schon fatal genug, dass man für jede Webseite ein simples Cookie akzeptieren musste. Neuerdings wird man jedoch mit Auswahl-Optionen belästigt, die nicht selten mehr als fünf Checkboxen beinhalten ("technical, marketing, analysis, essential, all, none"), jede mit einer ausführlichen Erläuterung. Es scheint so, als wäre es das Ziel, mich am besten komplett zu vertreiben. Sicher ist sicher.
Und wenn man es gerade mühsam eingestellt hatte, taucht es am nächsten Tag erneut auf. Am besten mit dem Ausruf: "Ihre Sicherheit ist uns wichtig!". Meine Antwort: "Go fuck yourself!"
Apple, als völlig veralteter Technik-Hippie, sah das Problem nicht im Cookie, sondern darin, was hinter den Kulissen damit an Schmu angestellt werden konnte. Folglich bekämpfte Apple den Schmu, aber nicht den Anwender. Doch die EU-Verwaltung wusste es besser, und so machte man das Web zu einem täglichen Ärgernis. Kein Wunder, dass die Kids dann lieber bei Facebook oder Instagram abhängen.
Wer denkt, mit dem Cookie wäre die Sache erledigt: Welch ein Irrtum! Es dauert in der Regel 20 Sekunden, bis sich die eben mühsam entsperrte Webseite wieder verdunkelt, um die Bühne frei zu machen für eine wichtige Nachricht:
- Möchten Sie unseren Email-Spam abonnieren?
- Haben Sie bemerkt, dass sich unsere HomePage verändert hat?
- Unten rechts: "Hallo, ich bin Xanadu, möchten Sie mit mir chatten?"
- Oben links: "Möchten Sie diese Webseite übersetzen lassen?"
Danke, nein!
Meine Bank (ich erwähnte es gestern in einem anderen Thread) hat mir innerhalb von fünf Minuten ca. 15 mal die Eingabe eines Sicherheits-Codes abgenötigt, obwohl ich lediglich die Kontoauszüge von drei Konten exportieren wollte. Natürlich begrüße ich eine bessere Technik für mehr Sicherheit. Aber ich sehe keine bessere Technik. Ich sehe, dass man dem Anwender möglichst in den Weg springt und ihm auf die Nerven geht. Wie eine bessere Technik aussieht, kann man bei Apple Pay lernen. Die Technik arbeitet im Hintergrund und wird mit Face-ID sogar unsichtbar.
Früher konnte "jedermann" eine Webseite betreiben. Einfach irgendwo etwas Webspace und eine Adresse besorgen, und schon konnte man machen, was man wollte. Heute wird man von zwei Seiten in ein Dauer-Sperrfeuer genommen. Die eine Seite verkompliziert die Technologie so weit, dass nur noch echte Nerds überhaupt durchblicken. Die andere Seite macht es schier unmöglich, nicht abgemahnt zu werden: Da steht das Wort "Impressum" nicht an der richtigen Stelle, da fehlt irgendwo der Hinweis auf die Altersfreigabe, da wurde ein Link zu einem Artikel gesetzt ohne sich sofort davon zu distanzieren. Dass ich überhaupt noch auf freiem Fuß bin, ist ein Wunder.
Apropos Wunder: Wenn ich Apple Music mal frei vor sich hin dudeln lasse, und mir gefällt spontan ein Titel: Dann kann ich einfach auf den Plus-Button tippen, und schon habe ich den Titel in meiner Sammlung. Das macht mich misstrauisch. Wo ist die Sicherheits-Abfrage? Wo ist die Belehrung über das Urheberrecht? Wo ist der Gratis-Coupon für einen Monat Spiegel-Online? Wo ist die anschließende Umfrage über meine "Experience" beim Antippen des Plus-Buttons? Warum sehe ich nicht auf allen Webseiten eine Werbung dieses Künstlers für die nächsten drei Wochen?
Im Prinzip ist dieser Plus-Button ein reaktionärer Verrat am modernen Internet. Der Button macht das, was er soll, und zwar so, wie man es erwartet. Er fügt einen Titel hinzu, und das war's.
Der Button entstammt einer langsam in Vergessenheit geratenen Ära: der iPhone-Ära. Adressbücher, Mobilfunk und SMS gab's schon länger, aber nun ging es darum, all dies möglichst anwenderfreundlich zu gestalten und allein dadurch enorm populär zu machen. Wege wurden geebnet, Abläufe vereinfacht. Die Technik ordnete sich dem Anwender unter und erlangte kurioserweise dadurch neue Höhen. Die Kunden hatten nicht mehr das Gefühl, als ob ihr Handy-Hersteller sie hasste.
Die ersten iPhone-Jahre waren im Grunde ein Love-and-Peace-Happening. Die Welt wurde schöner, und einmal im Jahr gab's Geschenke.
Bei Apple sehe ich diesen Spirit noch immer, hier und da, aber ein großer Teil der Technik-Welt ist irgendwann falsch abgebogen.
Es ist die Anti-iPhone-Ära, weil die iPhone-Ära eine Ära von "Peace & Love" war, eine Ära, deren Technologie die Nutzer umarmte und liebte: Wege wurden geebnet, neue Dinge wurden möglich, und Apple hat überall noch einen paar Blumen hingestellt. Alles wurde einfach — ja mehr noch, es zauberte einem ein Lächeln ins Gesicht.
Ganz anders heute. Es scheint so, als wäre der Zweck von Technologie vor allem, sich mir möglichst breitbeinig in den Weg zu stellen und mir den Tag zu versauen.
Man kann keine Webseite mehr besuchen, ohne zuerst einen ganzen Haufen an Mist beiseite zu karren. Es war schon fatal genug, dass man für jede Webseite ein simples Cookie akzeptieren musste. Neuerdings wird man jedoch mit Auswahl-Optionen belästigt, die nicht selten mehr als fünf Checkboxen beinhalten ("technical, marketing, analysis, essential, all, none"), jede mit einer ausführlichen Erläuterung. Es scheint so, als wäre es das Ziel, mich am besten komplett zu vertreiben. Sicher ist sicher.
Und wenn man es gerade mühsam eingestellt hatte, taucht es am nächsten Tag erneut auf. Am besten mit dem Ausruf: "Ihre Sicherheit ist uns wichtig!". Meine Antwort: "Go fuck yourself!"
Apple, als völlig veralteter Technik-Hippie, sah das Problem nicht im Cookie, sondern darin, was hinter den Kulissen damit an Schmu angestellt werden konnte. Folglich bekämpfte Apple den Schmu, aber nicht den Anwender. Doch die EU-Verwaltung wusste es besser, und so machte man das Web zu einem täglichen Ärgernis. Kein Wunder, dass die Kids dann lieber bei Facebook oder Instagram abhängen.
Wer denkt, mit dem Cookie wäre die Sache erledigt: Welch ein Irrtum! Es dauert in der Regel 20 Sekunden, bis sich die eben mühsam entsperrte Webseite wieder verdunkelt, um die Bühne frei zu machen für eine wichtige Nachricht:
- Möchten Sie unseren Email-Spam abonnieren?
- Haben Sie bemerkt, dass sich unsere HomePage verändert hat?
- Unten rechts: "Hallo, ich bin Xanadu, möchten Sie mit mir chatten?"
- Oben links: "Möchten Sie diese Webseite übersetzen lassen?"
Danke, nein!
Meine Bank (ich erwähnte es gestern in einem anderen Thread) hat mir innerhalb von fünf Minuten ca. 15 mal die Eingabe eines Sicherheits-Codes abgenötigt, obwohl ich lediglich die Kontoauszüge von drei Konten exportieren wollte. Natürlich begrüße ich eine bessere Technik für mehr Sicherheit. Aber ich sehe keine bessere Technik. Ich sehe, dass man dem Anwender möglichst in den Weg springt und ihm auf die Nerven geht. Wie eine bessere Technik aussieht, kann man bei Apple Pay lernen. Die Technik arbeitet im Hintergrund und wird mit Face-ID sogar unsichtbar.
Früher konnte "jedermann" eine Webseite betreiben. Einfach irgendwo etwas Webspace und eine Adresse besorgen, und schon konnte man machen, was man wollte. Heute wird man von zwei Seiten in ein Dauer-Sperrfeuer genommen. Die eine Seite verkompliziert die Technologie so weit, dass nur noch echte Nerds überhaupt durchblicken. Die andere Seite macht es schier unmöglich, nicht abgemahnt zu werden: Da steht das Wort "Impressum" nicht an der richtigen Stelle, da fehlt irgendwo der Hinweis auf die Altersfreigabe, da wurde ein Link zu einem Artikel gesetzt ohne sich sofort davon zu distanzieren. Dass ich überhaupt noch auf freiem Fuß bin, ist ein Wunder.
Apropos Wunder: Wenn ich Apple Music mal frei vor sich hin dudeln lasse, und mir gefällt spontan ein Titel: Dann kann ich einfach auf den Plus-Button tippen, und schon habe ich den Titel in meiner Sammlung. Das macht mich misstrauisch. Wo ist die Sicherheits-Abfrage? Wo ist die Belehrung über das Urheberrecht? Wo ist der Gratis-Coupon für einen Monat Spiegel-Online? Wo ist die anschließende Umfrage über meine "Experience" beim Antippen des Plus-Buttons? Warum sehe ich nicht auf allen Webseiten eine Werbung dieses Künstlers für die nächsten drei Wochen?
Im Prinzip ist dieser Plus-Button ein reaktionärer Verrat am modernen Internet. Der Button macht das, was er soll, und zwar so, wie man es erwartet. Er fügt einen Titel hinzu, und das war's.
Der Button entstammt einer langsam in Vergessenheit geratenen Ära: der iPhone-Ära. Adressbücher, Mobilfunk und SMS gab's schon länger, aber nun ging es darum, all dies möglichst anwenderfreundlich zu gestalten und allein dadurch enorm populär zu machen. Wege wurden geebnet, Abläufe vereinfacht. Die Technik ordnete sich dem Anwender unter und erlangte kurioserweise dadurch neue Höhen. Die Kunden hatten nicht mehr das Gefühl, als ob ihr Handy-Hersteller sie hasste.
Die ersten iPhone-Jahre waren im Grunde ein Love-and-Peace-Happening. Die Welt wurde schöner, und einmal im Jahr gab's Geschenke.
Bei Apple sehe ich diesen Spirit noch immer, hier und da, aber ein großer Teil der Technik-Welt ist irgendwann falsch abgebogen.
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