Vegetarier vor! Was benutzt Ihr als Fleisch-Ersatz?

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • Jörn
    Administrator
    • 05.01.2008
    • 10243

    #91
    @Freigeist: Mehr Fleisch-Nachfrage in China kann zu höheren Preisen führen, das stimmt. Das begrenzt die Nachfrage. So balanciert sich der Markt.

    Jedoch!

    Der höhere Preis ist auch ein Signal an den Markt, mehr Fleisch zu produzieren. Warum? Weil es sich lohnt. Wenn anschließend eine höhere Produktion gelingt, wird die Nachfrage befriedigt und der Preis sinkt wieder. Erneut ist der Markt in Balance.

    Der Preis ist also keine Begrenzung, sondern nur ein vorübergehendes Signal an den Markt, welche Menge produziert werden soll.

    Die tatsächliche Begrenzung liegt in jenen Dingen, die in ihrer Menge nicht verändert werden können. Kuhställe kann man zur Not dreistöckig oder in der Wüste bauen. Hier liegt keine Begrenzung.

    Die Begrenzung liegt im Ackerbau für das Futter, weil die Fläche dafür begrenzt ist. Dieser Preis wird also ebenfalls steigen. Es wird einen Wettbewerb geben zwischen einer Familie, die Getreide kaufen will, und einem Rinderzüchter, der dieses Getreide als Futter braucht. Es geht also nicht darum, ob eine Familie in Äthiopien unbedingt jeden Tag Schnitzel essen muss. Sondern es geht darum, ob sie noch Brot, Mehl, und Mais kaufen kann.

    China kauft/pachtet bereits in riesigem Ausmaß Ackerflächen in Afrika. Hier kann man sehr gut sehen, wie der Wettbewerb um die Lebensgrundlagen schon recht radikale Formen angenommen hat.

    Einen ähnlichen Effekt beobachten wir bei Bio-Diesel. Es geht nicht darum, ob eine Familie in Nairobi einen Toyota mit Bio-Diesel fährt oder zu Fuß geht. Sondern es geht darum, ob sie noch den Mais kaufen kann, der vor ihrer eigenen Tür angebaut wird.
    Zuletzt geändert von Jörn; 06.01.2017, 15:16.

    Kommentar

    • cordcam
      Erfahrener Benutzer
      • 13.04.2010
      • 3062

      #92
      Das ist doch jetzt schon so. In Afrika verhungern Kinder, weil wir deren Essen als Essen für unsere Massentierhaltungstiere brauchen. Wie gesagt, wir nehmen denen 15 Kilo Essen weg, um hier 1 Kilo Rindfleisch produzieren zu können. China macht das bereits im großen Stil, aber wir sind auch dabei.

      Kommentar

      • woreich
        Erfahrener Benutzer
        • 05.01.2008
        • 1054

        #93
        Bei uns sieht es so aus, als würden die landw. Nutzflächen zunehmend von Konzernen aufgekauft und/oder geförderter Energiebewirtschaftung zugeführt.
        Der Kleinerzeuger bleibt auf der Strecke.

        Kommentar

        • cordcam
          Erfahrener Benutzer
          • 13.04.2010
          • 3062

          #94
          Die Landwirtschaft wurde an die Bedürfnisse der Massentierhaltung angepasst. Als Kind konnte ich im Ruhrgebiet noch Kühe auf einer Weide sehen. Das ist weg. Verschwunden.

          Kommentar

          • Jörn
            Administrator
            • 05.01.2008
            • 10243

            #95
            Zitat von LeeBelle Beitrag anzeigen
            Ich wollte noch einen Beitrag zum Thema Fleischkonsum und moralische Aspekte (oder eher ethisches Verhalten) schreiben.

            ...
            Deinen Beitrag zur Moral fand ich sehr interessant. Du schreibst, dass es mehrere Arten von "moralischen Maßstäben" geben könnte, und dass unsere (heutige) Moral deswegen nicht unbedingt zutreffender sein muss als irgendeine eine andere Moral.

            Ich frage mich, ob diese Komplexität wirklich nötig ist. Für mich besteht das Dilemma in der Einfachheit: Aus Sicht der Kuh betrachtet ist die moralische Frage nämlich einfach und zweifelsfrei. Die Kuh würde ihre Meinung auch dann nicht ändern, wenn sie etwas von Kant oder Hegel erführe.

            Das bedeutet, dass in der schwammigen moralischen Frage zumindest dieser Pflock in die Erde getrieben werden kann, wo er unverrückbar feststeht: Die Kuh zieht es vor, sich an der Entstehung unserer Wurstwaren nicht persönlich zu beteiligen. Und weil das die einzige feststehende Tatsache in einem See voller Unsicherheiten ist, bekommt diese Tatsache umso mehr Gewicht.

            Das ist ja so deprimierend, aus meiner Sicht. Dass die zentrale Frage so einfach ist. Kompliziert ist allenfalls das Beiwerk, welches wir drumherum stricken. Aber eine tote Kuh ist eine tote Kuh. Viel übersichtlicher kann ein Sachverhalt eigentlich nicht sein.

            Ich will nicht abstreiten, dass es dennoch Gründe geben kann, die Kuh trotzdem zu töten, und dass unsere Moral darin besteht, dass wir sie dabei nicht leiden lassen. Es könnte aber auch sein, dass uns ein gewisser Selbstbetrug leicht fällt, weil wir davon profitieren.

            Danke für die Diskussion!

            Kommentar

            • cordcam
              Erfahrener Benutzer
              • 13.04.2010
              • 3062

              #96
              Da wir ja in einem Geekforum sind:

              Sheldon würde sich fragen: Wie würde Spock es handhaben?

              Wäre es in Raumschiff Enterprise denkbar, Massen von Lebewesen industriell zu produzieren und zu verarbeiten, nur um mit ihrem Tod uns gewungernermaßen zu dienen?

              Ist das mit der obersten Direktive vereinbar?

              Kommentar

              • Jörn
                Administrator
                • 05.01.2008
                • 10243

                #97
                Faszinierend...

                Kommentar

                • LeeBelle
                  Benutzer
                  • 05.01.2008
                  • 43

                  #98
                  @Jörn
                  Die Komplexität ist deswegen notwendig, weil alle unsere moralischen Vorstellungen letztendlich aus der Zeit der Aufklärung kommen und eine der bedeuteten und einflussreichsten Denker war Immanuel Kant in dieser Zeit. Außerhalb der christlichen Ethik durfte man vor der Aufklärung, durch welche Gründe auch immer, töten (Stichwort: Mittelalter). Unser Verständnis von Moral und später Recht und Unrecht (Rechtsstaat) beruht letztendlich auf der Ethik-Vorstellung von Kant. Diese Denkweise wurde über die letzten Jahrhunderte in die Institutionen eingepflanzt (Bildung in der Schule) sodass wir heute verinnerlicht haben, dass Töten moralisch verwerflich ist.

                  Was ich damit sagen will? Die Betrachtung der Geschichte der Ethik ist durchaus wichtig, weil wir nur dann verstehen, warum wir das Töten von Tieren überhaupt als moralisch verwerflich sehen können. Deine Aussage, dass eine getötete Kuh tot ist und dass dieser Akt der Tötung moralisch verwerflich sein kann beruht letztendlich auf "gelernten Moralvorstellungen".

                  Ich weiß, das ist alles sehr theoretisch. Wen es interessiert: Peter Singer ist ein praktischer Ethiker und der hat in den 70er Jahren quasi die Tierrechtsbewegung durch sein Werk "Animal Liberation" ausgelöst. Ich habe das Buch selbst gelesen und kann es sehr empfehlen!

                  Kommentar

                  • Freigeist
                    Benutzer
                    • 20.12.2010
                    • 89

                    #99
                    Zitat von cordcam Beitrag anzeigen
                    Freigeist, du sprichst dich doch eindeutig für Fleischverzicht aus.
                    So gesehen ja, allerdings für den Verzicht Anderer.

                    Zitat von cordcam Beitrag anzeigen
                    Sympathisches Gesellschaftsbild.
                    Es gibt kein Grundrecht auf gleichen Wohlstand. Das Leistungsprinzip wollen wir doch bitte erhalten.

                    @Jörn: Dein Beispiel mit der Kuh stelle ich in Frage. Niemand fragt die Kuh. Genausowenig fragt der Löwe die Gazelle. Es ist zwar in Deiner Gleichung eine Konstante, in meiner Gleichung kommt diese Konstante aber gar nicht vor.

                    Kommentar

                    • woreich
                      Erfahrener Benutzer
                      • 05.01.2008
                      • 1054

                      Vielleicht wäre dann "Soylent Green" am Artgerechtesten?

                      Duck und Weg.....

                      P.S.: Also ein Thema schon seit mindestens den 70ern.

                      Kommentar

                      • cordcam
                        Erfahrener Benutzer
                        • 13.04.2010
                        • 3062

                        Freigeist, dann sag' es auch so deutlich, wie du es meinst.

                        Du sagst zwar, dass doch bitteschön jeder das Recht haben sollte, sich so zu ernähren wie er will, also auch mit Fleisch, meinst aber in der Konsequenz deiner Denkweise nicht jeder, sondern die Menschen der nördlichen Welt und auch dort nur die mit entsprechenden Einkommen. Und das alles noch auf Kosten anderer. Was hat man denn von einer theoretischen Möglichkeit, sich frei zu entscheiden?

                        Das ist nämlich die unausweichliche Konsequenz.

                        Ich halte es dann eben für besser, dass man wieder zurück kommt, wo man als Gesellschaft schon mal war: Das Fleisch etwas besonderes ist, was nicht täglich auf den Teller kommt.

                        Remember the famous Sonntagsbraten?

                        Kommentar

                        • cordcam
                          Erfahrener Benutzer
                          • 13.04.2010
                          • 3062

                          Ich will auch mal ein paar Zahlen gegenüberstellen:

                          100% der Menschen, mit denen ich mal über Veganismus geredet habe, gaben an, dass sie sich Fleisch von glücklich aufgezogenen Tieren kaufen.

                          99,3 Prozent des Schweinefleisches in Deutschland stammte 2008 aus Massentierhaltung. Bei Rindfleisch sind es 95,7 Prozent. Geflügel: 97,9

                          Fazit: Ich treffe nur besondere Menschen.

                          Kommentar

                          • cordcam
                            Erfahrener Benutzer
                            • 13.04.2010
                            • 3062

                            Und Höhepunkt der Perversion dürfte das Shreddern oder Vergasen JEDES männlichen Kükens sein:



                            Dass das in Deutschland erlaubt ist und nicht gegen das Tierschutzgesetz verstoßen soll, lässt mich an der Unabhängigkeit unserer Justiz zweifeln.

                            Kommentar

                            • Freigeist
                              Benutzer
                              • 20.12.2010
                              • 89

                              Zitat von cordcam Beitrag anzeigen
                              Freigeist, dann sag' es auch so deutlich, wie du es meinst.

                              Du sagst zwar, dass doch bitteschön jeder das Recht haben sollte, sich so zu ernähren wie er will, also auch mit Fleisch, meinst aber in der Konsequenz deiner Denkweise nicht jeder, sondern die Menschen der nördlichen Welt und auch dort nur die mit entsprechenden Einkommen. Und das alles noch auf Kosten anderer. Was hat man denn von einer theoretischen Möglichkeit, sich frei zu entscheiden?

                              Das ist nämlich die unausweichliche Konsequenz.
                              Kein Widerspruch von mir. Das habe ich auch von Anfang an gesagt: Fleisch muss teurer werden, damit wir zu einer vernünftigen, artgerechten Produktion kommen können. Das bedeutet unausweichlich, dass sich viele auf der Welt kein Fleisch leisten können. Ob das jetzt tragisch ist oder nicht sei dahingestellt. So werden die indischen Vegetarier vermutlich keinen allzugroßen Verlust empfinden. Ebenso dürfte es den Chinesen gehen, die bisher noch kein oder wenig Fleisch essen.

                              Und der Rest hat halt Pech gehabt. Ich kann mir auch nicht jeden Wunsch erfüllen. Aber lass uns das Thema Verteilung nicht auch noch aufmachen.

                              Zitat von cordcam Beitrag anzeigen
                              Ich halte es dann eben für besser, dass man wieder zurück kommt, wo man als Gesellschaft schon mal war: Das Fleisch etwas besonderes ist, was nicht täglich auf den Teller kommt.

                              Remember the famous Sonntagsbraten?
                              In diesem Ergebnis finden wir uns wieder. Nur sind wir auf unterschiedlichen Wegen hier angekommen.

                              Und genau das versuche ich hier zu vermitteln. Es gibt viele Wege, auf denselben Missstand zu reagieren und in diesem Fall kommen wir sogar auf denselben Nenner. Nur dass in meinen Überlegungen der Verzicht wirtschaftliche Gründe hat. In Deinen Überlegungen hältst Du das für verwerflich (lese ich zumindest so raus, korriegiere mich bitte) und wünschst Dir einen bewussten Verzicht.

                              Also warum ist Dein Weg jetzt besser als meiner?

                              Und - um Jörns unumstößliche Wahrheit auch noch mit einzubeziehen - der Kuh dürften beide Ergebnisse recht sein.

                              Kommentar

                              • Freigeist
                                Benutzer
                                • 20.12.2010
                                • 89

                                Zitat von Jörn Beitrag anzeigen
                                @Freigeist: Mehr Fleisch-Nachfrage in China kann zu höheren Preisen führen, das stimmt. Das begrenzt die Nachfrage. So balanciert sich der Markt.

                                Jedoch!

                                Der höhere Preis ist auch ein Signal an den Markt, mehr Fleisch zu produzieren. Warum? Weil es sich lohnt. Wenn anschließend eine höhere Produktion gelingt, wird die Nachfrage befriedigt und der Preis sinkt wieder. Erneut ist der Markt in Balance.

                                Der Preis ist also keine Begrenzung, sondern nur ein vorübergehendes Signal an den Markt, welche Menge produziert werden soll.
                                Nein, dieser Mechanismus ist in Angebots- und Nachfragekurve bereits berücksichtigt. Sinkender Preis führt erneut zu einer verstärkten Nachfrage und das ganze geht sofort wieder los. Die Gleichgewichtsbildung von Angebot und Nachfrage über mehrere (!) Perioden ist recht komplex, das geht über mein Wissen hinaus - und ich hab das Studium, aus dem Du zitierst abgeschlossen

                                Zitat von Jörn Beitrag anzeigen
                                Die tatsächliche Begrenzung liegt in jenen Dingen, die in ihrer Menge nicht verändert werden können. Kuhställe kann man zur Not dreistöckig oder in der Wüste bauen. Hier liegt keine Begrenzung.
                                Vorsicht Falle. In Deinem ursprünglichen Beispiel gab es zu wenig Fläche für eine extensive bzw. integrierte Landwirtschaft. Darauf habe ich geantwortet. Du bringst jetzt wieder die Massentierhaltung ins Spiel. Ich bin Deiner Meinung, dass diese abzulehnen ist, da sie für die Tiere Quälerei ist.

                                Mir geht es darum, dass ich meinen Weg, mit diesem Punkt umzugehen für genauso moralisch integer halte wie den Deinen. Ich esse glückliche Tiere, vor allem weil sie leckerer sind als die gequälten. Du isst gar keine Tiere. Wir beide beteiligen uns nicht an der Massentierhaltung.

                                Warum ist Dein Weg also besser als meiner?

                                Kommentar

                                Lädt...
                                X