Religion im Zusammenhang mit den islamistischen Attentat in Paris (langer Text)

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    Erfahrener Benutzer
    • 24.08.2010
    • 1449

    @Ruegge: Islam != Islamismus, daher ist die Bezeichnung "islamistisch" zutreffend.

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    • Jörn
      Administrator
      • 05.01.2008
      • 10240

      Man ist also "radikal", wenn man sich über religiöse Dinge äußert oder diese hartnäckig kritisiert.

      War Charles Darwin ein Radikaler? Immerhin hat er die Idee vom Menschen als Schöpfung und Ebenbild Gottes vollständig widerlegt. Außerdem hat er ein Rätsel gelöst, welches von Anbeginn der Menschheit bestand. Hätte er besser den Mund gehalten?

      War Isaac Newton ein Radikaler? Er bewies, dass alle Himmels-Gestirne und alles, was sich bewegt, klaren Gesetzen folgt, und keineswegs einem (beliebigen) göttlichen Willen unterlegt. Er schuf damit die Grundlagen der Mechanik. Hätte er seine Tabellen besser für sich behalten?

      War Galileo Galilei ein Radikaler? Er hat darauf bestanden, dass die Erde nicht das Zentrum des Sonnensystems ist. Er bewies es mit einem neuartigen Linsen-Fernrohr. Das brachte ihm ca. 10 Jahre Hausarrest ein, weil es dem Papst nicht gefiel. Hätte er klein beigeben sollen?

      Ohne diese Leute, die alle fundamental gegen den vorherrschenden Aberglauben verstoßen hatten, würde wir noch in der Steinzeit leben.

      Radikal wirken sie nur aus der Perspektive eines dogmatischen Glaubens. Vernünftige Leute wirken umso radikaler, je absurder der vorherrschende Aberglaube ist.

      Ein Wissenschaftler ist niemals radikal -- kann es gar nicht sein. Er verwirft seine These sofort und ohne Schwermut, wenn ein Widerspruch auftaucht und eine andere These sich als zutreffend erweist.

      Es ist überhaupt nicht das Ziel eines Wissenschaftlers, seine Thesen zu schützen. Im Gegenteil, er greift sie an und fordert andere dazu heraus. Das Ziel ist nicht, Recht zu behalten. Sondern das Ziel ist, die Wahrheit zu finden.

      Das ist nicht radikal, sondern das Gegenteil.
      Zuletzt geändert von Jörn; 23.11.2015, 20:00.

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      • OpDraht

        Würde mich selbst als Atheisten bezeichnen und für mich ergibt ebenso die wissenschaftliche Deutung mehr Sinn als jede religiöse Interpretation. Aber jeden religiösen Ansatz mit der Wissenschaftskeule zu erschlagen ist für mich radikal. Unsere Gesellschaft ist so frei dass sich jeder sein Bildnis zurecht legen kann. Und ich fühle mich nicht in der Verpflichtung plötzlich jedem der in meinen Ohren Mumpitz erzählt durch einen wissenschaftlichen Ansatz zu korrigieren. Ich halte unsere Gesellschaft für so stabil dass sie gut damit umgehen kann (ich beziehe mich nun ausschlieślich auf die Diskussion).

        Radikale gab es schon immer, nur deren Auslegungen variieren.

        Kommentar

        • OrangeMac
          Erfahrener Benutzer
          • 17.01.2010
          • 1117

          Zitat von OpDraht Beitrag anzeigen
          Unsere Gesellschaft ist so frei dass sich jeder sein Bildnis zurecht legen kann..
          Solange diese Personen mir mit ihrem Bildnis nicht auf die Nerven gehen, oder gar gewalttätig werden, einverstanden.
          Leider liegt genau hier das Problem.

          Kommentar

          • OpDraht

            Zitat von OrangeMac Beitrag anzeigen
            Solange diese Personen mir mit ihrem Bildnis nicht auf die Nerven gehen, oder gar gewalttätig werden, einverstanden.
            Leider liegt genau hier das Problem.
            Daher mein Hinweis der "Diskussion". Das genau dort nun das Problem liegen soll ist aber nichts Neues. Aber ich sehe auch nicht ein warum ich mich da gerade bzgl. religiöser Aussagen aufschrecken lassen soll. Das gilt doch ganzheitlich über viele Themenbereiche, siehe der rechten Szene & NSU, früher der RAF,... wer weiß was aus Pegida wird.

            ... oder es kommen Heerscharen von Apple ausgebeuteten Fabrikarbeitern nach DE um an Jörn ein Exempel eines Mac-Gurus zu statuieren... ;)

            Die Probleme auf dieser Welt sind vielschichtig, Religionen in ein dunkles Licht zu stellen ist mir zu einfach.

            Kommentar

            • Avalon
              Erfahrener Benutzer
              • 12.09.2010
              • 154

              DEOS LO VULT

              Die Radikalität des Christentums ist in der Geschichte oft genug unter Beweis gestellt worden.
              Wie man da mit Andersdenkenden umgegangen ist und welche Angst und Horror verbreitet wurden ist uns heute bekannt.
              Auch gegenwärtig wird Druck ausgeübt mit religiösen Dogmen.
              In vielen Familien von " Freien Gemeinden " Baptisten ,Adventisten , Mormonen , Amishe usw. wird von den Eltern
              mit diesem Instrument erzogen. Das ist Missbrauch !
              Ich bin katholisch aufgewachsen und hatte immer ein bisschen Muffe vor dem Kerl da oben der alles sieht und sogar in mein innerstes schauen kann.
              Selbst die Anglikanische Kirche hat sich nicht mit Ruhm bekleckert und weiter zu Mord und Unterdrückung aufgerufen.
              Martin Luther rief zu Verfolgung und Auslöschung der Juden auf. Er wollte :

              • ihre Synagogen niederbrennen,
              • ihre Häuser zerstören und sie wie Zigeuner in Ställen und Scheunen wohnen lassen,
              • ihnen ihre Gebetbücher und Talmudim wegnehmen, die ohnehin nur Abgötterei lehrten,
              • ihren Rabbinern das Lehren bei Androhung der Todesstrafe verbieten,
              • ihren Händlern das freie Geleit und Wegerecht entziehen,
              • ihnen das „Wuchern“ (Geldgeschäft) verbieten, all ihr Bargeld und ihren Schmuck einziehen und verwahren.
              Für die NS-Propaganda war das passend und A.H. hielt Luther für einen grossen Mann.

              In den Bauernkriegen predigte er die Vernichtung der Aufständigen.

              "In solch einem Krieg ist es christlich... zu würgen, rauben, brennen und alles zu tun, was schädlich ist... es ist in Wahrheit auch ein Werk der Liebe... Sprich ein Credo und das Vaterunser... und zeuch dann vom Leder und schlage drein in Gottes Namen."

              Frauenfeindlichkeit war in seinen Augen auch selbstverständlich.

              "Die größte Ehre, die das Weib hat, ist allzumal, daß die Männer durch sie geboren werden."
              "Will die Frau nicht, so komm' die Magd!"
              "Ob sie sich aber auch müde und zuletzt todt tragen, das schadet nichts, laß' sie nur todt tragen, sie sind darumb da."

              Toleranz,Mitgefühl,Barmherzigkeit die eigentlich den Tugenden der christlichen Lehre sind bei wenigen großen Kirchenvertretern zu finden.
              Ich will nicht Ausschließen,das es viele Menschen im Lauf der Geschichte gab, die aufrichtig für ihren Glauben gute Werke getan haben. Aber auch aus Verblendung und Wahn. Z.B. Elisabeth von Thüringen.


              Die Bibel,Talmut,Koran sind von Männern für Männer geschrieben worden.

              Jesus sagte: ( angeblich ) " Und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen "
              Zuletzt geändert von Avalon; 23.11.2015, 21:47.
              Facebook ist die Lobotomie der Gesellschaft !

              Kommentar

              • saxophonmusikant
                Erfahrener Benutzer
                • 05.01.2008
                • 838

                Apropos Wahrheit...
                Zum Religions-Zwischenthema vom 15.11.: Woher sie stammt. Abseits der Computerwelt (Off-Topic)


                Wie man von der Beobachtung des Geschehens am Himmel in grauer Vorzeit zu den späteren wunder(!)samen biblischen Bildern kommt...
                "Donald schau, die Wunder werden nicht alle!" (Gustav Gans)

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                • Jörn
                  Administrator
                  • 05.01.2008
                  • 10240

                  Die Probleme auf dieser Welt sind vielschichtig, Religionen in ein dunkles Licht zu stellen ist mir zu einfach.
                  Es hat ja auch niemand behauptet, dass die vielschichtigen Probleme der Welt allein durch Religion erklärt oder beseitigt werden sollen.

                  Hier sind drei gute Gründe, warum man die Diskussion etwas offensiver (aber stets freundlich und sachlich) führen sollte:


                  1. Alternativen aufzeigen.

                  Viele Leute sind einfach aus Tradition religiös, oder weil sie sich denken, dass die Entstehung der Welt nur so erklärt werden kann. Diesen Leuten kann man darlegen, dass die Wissenschaft längst schlüssige Antworten gefunden hat. Viele Leute haben sich einfach noch nicht damit beschäftigt und sind vielleicht froh, wenn sie diese Antworten erhalten.


                  2. Autoritäten hinterfragen.

                  Viele bekannte Leute (etwa Politiker oder Kirchenvertreter) suggerieren, dass Religiosität soviel bedeutet wie "Rechtschaffenheit" oder "Moral". Oder dass es eine Tugend wäre, bestimmte Dinge nicht zu hinterfragen. Das ist fatal, und dem muss sofort widersprochen werden. Unsere moderne Welt verdanken wir jenen Leuten, die das jeweils aktuelle Wissen infrage gestellt haben. Das gilt auch für die Moral. Heute hält niemand mehr Sklaverei für moralisch oder gerecht. Dies infrage zu stellen, galt vor 200 Jahren noch als absurd. Dennoch war es richtig, dass mutige Leute es infrage gestellt haben.


                  3. Einmischung begrenzen.

                  Ich bin für Religionsfreiheit, wenn damit gemeint ist, dass sich der Staat neutral verhält. Aber der Staat ist nicht neutral. In vielen Gremien, die mit Religion nichts zu tun haben, sitzen Vertreter der Amtskirchen. Beispielsweise im Kontrollgremium von ARD und ZDF. Hingegen hielt man es für überflüssig, Vertreter der Wissenschaften einzuladen.

                  Es gibt katholische Schulen und wir finden das normal. Hingegen würden wir uns empören, wenn es eine "CDU-Schule" oder eine "kommunistische Schule" oder eine "islamische Schule" gäbe, die von Steuergeldern finanziert wäre. Wir würden vermuten, dass die Schüler dort einseitig beeinflusst werden sollen.

                  Ich habe den Verdacht, dass die Privatheit der Religion als Deckmäntelchen benutzt wird, um Dinge zu beeinflussen, die überhaupt nicht privat sind.

                  Ich bin dafür, dass man diese Einmischung debattiert. Es sollte kein Tabu sein, darüber zu diskutieren.
                  Zuletzt geändert von Jörn; 23.11.2015, 22:48.

                  Kommentar

                  • OpDraht

                    Zitat von Jörn Beitrag anzeigen
                    Ich bin dafür, dass man diese Einmischung debattiert. Es sollte kein Tabu sein, darüber zu diskutieren.
                    Jupp, aber den jüngsten Terror als Anlass dazu zu nehmen wirkt schon etwas weit ausgeholt, nicht? Jörn, wir sind auf einer Seite, aber lass dich nicht durch radikale Ereignisse "radikalisieren". Wir alle müssen zusehen einen kühlen Kopf zu bewahren.

                    Kommentar

                    • Jörn
                      Administrator
                      • 05.01.2008
                      • 10240

                      Den Schuh ziehe ich mir nicht an, auch wenn er mir sehr charmant hingehalten wurde.

                      Meine Haltung und meine Hartnäckigkeit sind nicht radikal.

                      Ich habe meine Argumente sachlich, höflich und begründet vorgetragen, und wer damit nicht übereinstimmt, kann seine Argumente dagegen stellen. So funktioniert das im 21. Jahrhundert.
                      Zuletzt geändert von Jörn; 23.11.2015, 22:46.

                      Kommentar

                      • OpDraht

                        Natürlich hast du das so vorgetragen, sonst wäre es auch keiner Diskussion wert.

                        Aber warum findest du eine seit Jahrzehnten christlich geprägte Gesellschaft samt katholischen Schulen als problembehaftet in Bezug auf die jüngsten Ereignisse (Threadtitel)?

                        Kommentar

                        • Jörn
                          Administrator
                          • 05.01.2008
                          • 10240

                          Das habe ich in meinem ersten Posting begründet.

                          Kurzfassung: Nach meiner Meinung liegt die Wurzel des Problems weniger in einer islamistischen Auslegung des Korans. Sondern das Problem liegt darin, dass Menschen sich bedingungslos einer Religion unterwerfen, ohne sie kritisch zu prüfen.

                          Die Unterwerfung ist das Problem. Aber auch das ist nur ein Zwischenschritt, weil es zur Frage führt, warum sich Leute überhaupt unterwerfen, im Guten wie im Schlechten. Und da landet man bei der Religion an sich.

                          Religiöser Irrsinn ist keine Frage des Irrsinns (denn die Leute sind nicht irre), sondern eine Frage der Religion.

                          Deswegen, wenn wir über religiösen Irrsinn sprechen, muss es erlaubt sein, über Religion zu sprechen.

                          Kein Problem! Der Papst spricht über Religion, den ganzen Tag. Nicht nur er: In ARD und ZDF werden Gottesdienste gesendet, jeden Sonntag. Vor dem Samstags-Krimi bringt das Erste eine Predigt. Offensichtlich haben die Christen nichts dagegen, dass öffentlich über das Christentum gesprochen wird? Aber sobald Kritik geäußert wird, ist es plötzlich Privatsache und unerwünscht.
                          Zuletzt geändert von Jörn; 24.11.2015, 03:58.

                          Kommentar

                          • Avalon
                            Erfahrener Benutzer
                            • 12.09.2010
                            • 154

                            Interessanter Film zum Thema Dschihad. TIMBUKTU
                            Ist im Originalton mit Untertitel.
                            Nicht weit von Timbuktu, das in die Hände religiöser Fanatiker gefallen ist, lebt der Hirte Kidane friedlich mit Frau und Tochter, sowie einem 12jährigen Jungen, der seine Kühe hütet. Während in der Stadt die Fundamentalisten wüten, Musik, lautes Lachen und Zigaretten verboten sind und jeden Tag ein Scheingericht absurde und grausame Urteile fällt, bleibt die Familie von den Terroristen relativ unbehelligt. Bis eines Tages, ein Fischer die Lieblingskuh Kidanes tötet und der den Täter bei einer Rangelei versehentlich erschießt. Eindringliches Drama über den Einfluss von Dschihadisten auf das alltägliche Leben der Menschen in Timbuktu und Umgebung.
                            Ich kann nur zu gut verstehen wenn Moslems vor dieser Willkür fliehen.
                            Ob Mali, Syrien, Afghanistan oder Irak. Dieser Gottesstaat, dieser Wahnsinn muss ein Ende haben.
                            Facebook ist die Lobotomie der Gesellschaft !

                            Kommentar

                            • Janhagel
                              Erfahrener Benutzer
                              • 05.01.2008
                              • 227

                              Ich möchte noch eine abschließende Bemerkung machen, da ich aufgrund meiner Arbeit seit dem letzten Wochenende nicht dazu gekommen bin, mich in diesem "leicht zu lang geratenen" Thread zu beteiligen.

                              In der Summe bleibt für mich eines sehr konkret bestehen: es gibt logische Argumente dafür, Gott oder die Möglichkeit einer konkreten göttlichen Offenbarung für unmöglich zu halten.
                              Es gibt aber auch sehr vernünftige Gründe beides für möglich zu halten.

                              Zum Thema der Abfassung der Bibel gibt es natürlich liberale Theologen, die manche der von Jörn genannten Meinungen vertreten. Es gibt wiederum aber auch namhafte Theologen, die mit meinem Standpunkt übereinstimmen. Für beides gibt es Argumente. Ich möchte nebenbei davor warnen, zu schnell eine Aussage zu übernehmen, nur weil sie vielleicht in einer TerraX Sendung oder einem SPON Artikel zum Thema Christentum gemacht worden ist. Es mag sein, dass bei ARD und ZDF Menschen aus Kirchenämtern sitzen, biblisch-christliche Vorstellungen setzen sie im Programm jedoch offensichtlich nicht durch; deren Einflussnahme scheint also sehr begrenzt.
                              Letztlich ist meine persönliche Entscheidung gefragt, welche Argumente ich für mehr begründet halte und mir selbst zu eigen mache. Meine eigene Prägung, mein Wissens- und Erfahrungshorizont und manche Vorbehalte werden mit beeinflussen, welchen Argumenten ich mich anschließe.
                              Der Mathematiker, Physiker und katholische Christ Blaise Pascal schrieb einmal (frei wiedergegeben):
                              "Es ist genug Licht vorhanden für die, die glauben wollen, und Dunkelheit genug für die, die nicht glauben wollen."

                              Natürlich ist es auch möglich Religion und Christentum mit möglicherweise logischen Argumenten vollständig abzulehnen.
                              Sich allein der Wissenschaft zu verschreiben, käme für mich nie in Frage, denn für mich ist deren Forschungsbereich zu eigeschränkt. Denn sie kann und will die Dinge nicht beschreiben, die über der menschlichen Vernunft und Wahrnehmungsfähigkeit liegen. Sollten diese aber tatsächliche real existieren, und ich schließe mich vernünftigen Argumenten an, die dies nahelegen, dann deckt Wissenschaft allein nicht den vollen Bereich der Realität ab, in der man sich als Mensch während seines Lebens bewegt. Vielmehr vernachlässigt sie sogar aus christlicher Sicht den wesentlicheren Teil des menschlichen Seins.
                              Es bleibt die eigene Entscheidung, ob man nur das für wahr und real hält, was man mit wissenschaftlichen Methoden beschreiben kann oder ob man einen Bereich annehmen kann, der jenseits dieser Methoden liegt aber mit den "geistigen Augen" doch zu sehen ist.
                              Die Bibel halte ich mit Blick auf die geistigen Dingen für sehr klar und verständlich und in Bezug auf die sichtbaren Dinge, wie die Natur und die Wesensart des Menschen für höchst aktuell, in jedem Fall aber interessant zu lesen.

                              Kommentar

                              • Jörn
                                Administrator
                                • 05.01.2008
                                • 10240

                                Der Tenor daraus ist: "Jeder kann selber entschieden, ob er an die Bibel glaubt oder nicht. Es gibt Gründe dafür und dagegen."

                                Natürlich kann das jeder selber entscheiden. Diese Freiheit will niemand wegnehmen.

                                ----------


                                Aber ist es deswegen auch wahr?

                                Die Aussage, dass es eben Gründe dafür und dagegen gäbe, suggeriert, dass es eine Patt-Situation wäre, die man nicht auflösen könne, und bei der jede Position die gleiche Wahrscheinlichkeit hätte. Es suggeriert, dass keiner etwas Genaues wüsste, sodass eben jeder denken könne, was er wolle.

                                Diese Haltung wäre vernünftig gewesen als die Pyramiden gebaut wurden. Damals gab es keine Möglichkeit, die großen Mysterien zu erklären. Alles erschien dubios und willkürlich: Wetter, Krankheiten, Leben und Tod -- und das Universum. Es war durchaus vernünftig, an ein Mysterium zu glauben.

                                Seitdem habe wir aber nicht nur diese Mysterien entschlüsselt. Sondern wir haben vor allem gelernt, wie man Thesen auf deren Wahrheitsgehalt überprüft.

                                Das ist eine ganz andere Ausgangsposition. Man kann nicht mehr sagen, dass keiner was Genaues wisse, und dass jede Position deswegen in gleicher Weise legitim wäre. Man kann nicht so tun, als hätten wir keine Naturgesetze entdeckt oder als wüssten wir nicht, was Evolution ist. Zu behaupten, dass man eben nichts Genaues wisse, und dass es eben für jede Position irgendwelche Argumente gäbe, ist heutzutage nicht mehr haltbar.

                                ----------


                                Warum ist das für manche Gläubige so schwierig?

                                Die größte Schwierigkeit dabei ist, dass viele Leute nicht wissen, was ein Beweis ist, und wann etwas widerlegt ist.

                                Beispielsweise, wenn man religiöse Leute auf einen Widerspruch in der Bibel hinweist, dann hört man oft: "Ja, dieses hier ist vielleicht falsch. Aber das hier stimmt."

                                Wenn ein Widerspruch vorhanden ist, ist die These falsch und muss verworfen werden. Vielen Leuten ist das klar, wenn es um ihre Gehaltsabrechnung geht: Wenn eine Zeile darin falsch ist, ist die ganze Abrechnung falsch. Aber bei den "großen Fragen des Lebens" gilt das offenbar nicht mehr. Da werden selbst die haarsträubendsten Widersprüche toleriert, wenn man damit der Konsequenz ausweichen kann, den eigenen Glauben infrage zu stellen.

                                ----------


                                Warum ist das wichtig?

                                Was wir für wahr oder unwahr halten, ist keine Privatsache. Denn es beeinflusst das Leben der anderen. Die großen Unterschiede zwischen Deutschland und Saudi-Arabien ergeben sich daraus, was man für wahr oder unwahr hält: In Deutschland kann ein Homosexueller mittlerweile Bürgermeister oder Vizekanzler werden (wenn er es nicht zu früh verrät), während er in Saudi-Arabien unter großem Jubel vom Hochhaus gestoßen wird -- natürlich ordentlich vom Gericht verordnet.

                                Frauen können in Deutschland zur Kanzlerin gewählt werden, während sie in Saudi-Arabien nicht mal den Führerschein machen dürfen.

                                Diese Unterschiede ergeben sich rein aus religiösen Gründen und werden in Saudi-Arabien ausschließlich religiös begründet. Ist das nun Privatsache oder nicht? Offenbar kann eine Frau in Saudi-Arabien nicht privat entscheiden, ob sie den Führerschein macht.

                                Was die Leute glauben und für wahr halten, hat Auswirkungen auf alle. Bei politischen Überzeugungen ist das jedem sofort klar: Wenn jemand (ganz privat) fremdenfeindlich gesinnt ist, dann wird er bei der nächsten Wahl sein Kreuzchen bei der passenden Partei machen. Das hat womöglich Konsequenzen für alle. Deswegen würden wir einem solchen Freund oder Arbeitskollegen bei der passenden Gelegenheit mal ins Gewissen reden oder ihn zu einer Party bei ausländische Freunden mitschleppen.

                                Deswegen rege ich an, dass man bei passender Gelegenheit und in Freundlichkeit diese "privaten" Überzeugungen anspricht.

                                Ich finde, die vernünftigen Leute haben jetzt lange genug höflich den Mund gehalten. Vielleicht sollte man etwas sichtbarer werden.
                                Zuletzt geändert von Jörn; 28.11.2015, 08:55.

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