Zitat:
Zitat von Jörn
Ein weiterer Punkt könnte gewesen sein, dass die Bevölkerung nicht kooperativ genug war. (...) Wenn wir es nicht hinbekommen, dass die Leute freiwillig die Corona-App installieren und im Restaurant ihre Handynummer aufschreiben, dann ist doch der ganze Rest nur eine Scheindebatte.
|
Einen 38-jährigen "Post-Corona-Patienten" habe ich derzeit in Behandlung. (Ich bin Physiotherapeut.) Er ist Ende März für vier Wochen auf die Intensivstation gekommen und musste künstlich beatmet werden. Das Coronavirus löste nicht nur Entzündungen in der Lunge aus, sondern auch viele kleine Entzündungen im gesamten Hirn verteilt aus, die zu Einblutungen führten. Für die Ärzte bisher noch unerklärlich, wie es dazu kommen konnte. Er ist heute geistig auf dem Stand eines 10 bis 12 jährigen und kann sich nur vage an seine eigene Vergangenheit erinnern. Man kann ihm auch nur einfache Fragen stellen, die mit ja oder nein beantwortet können. Bei banalen Anweisungen wie zum Beispiel 10x den rechten Fuß auf die Stufe zu heben und wieder abzusetzen, hält er nach drei bis vier Mal bereits inne und kommt ins Stocken, als würde er überlegen, was er hier gerade noch tun sollte.
Ein 54-jähriger, ebenfalls um Ende März, Anfang April rum: Er ist von der Arbeit nach Hause gekommen und fühlte sich unwohl, als würde er eine Erkältung bekommen. Innerhalb von zwei Stunden bekommt er hohes Fieber und befindet sich kaum noch bewegungsfähig auf der Couch. Seine Frau ruft den Rettungsdienst. Sechs Wochen Intensivstation, im Anschluß noch drei Monate Reha in einer neurologischen Klinik. Erster Test am Spirometer (damit kann das Lungenvolumen gemessen werden) waren knapp 30%, heute ist er zumindest wieder bei aktuell guten 80%.
Keine 100 Meter von meiner Praxis entfernt findet jede Woche auf dem Marktplatz eine sogenannte "Corona-Mahnwache" statt. Zu dieser kommen Menschen, um gegen die Coronamaßnahmen zu demonstrieren. Und das in einer beschaulichen kleinen Ortschaft am Rande des Schwarzwaldes. Tief katholisch ist man hier. Im Zweifelsfall auch immer konservativ. Diese Menschen, die dort stehen, denen sieht man das nicht an. Die sehen aus wie ein gewöhnlicher Querschnitt der Bevölkerung. Da steht dann auch einer der Apotheker, genauso wie ein Schreiner oder auch der Chef eines mittelständischen Betriebes mit über 50 Mitarbeitern. Ich war jedenfalls perplex das zu sehen.
In meine Praxis kommt eine neue Patientin zu ihrem ersten Termin, den sie telefonisch vereinbart hatte.
"Muss ich hier etwa eine Maske tragen?!"
"Ja, wie alle anderen auch, möchte ich sie bitten in unseren Räumen eine Maske zu tragen."
"Ich habe kein Corona. Ich merk' nix."
"Wenn Sie es merken, dann ist es bereits zu spät und sie können viele andere Personen in der Zwischenzeit angesteckt haben. Die Maske hat schlicht die Aufgabe das Risiko zu minimieren."
"Unter der Maske bekomme ich aber keine Luft. Den Irrsinn mache ich nicht. Das ist doch alles völlig verrückt!"
Ich lege ihr Rezept wieder auf den Tresen und sage: "Es tut mir leid, wenn Sie ihre Maske nicht tragen möchten, dann kann ich Sie hier nicht behandeln und möchte Sie bitten eine andere Praxis aufzusuchen. Vielleicht haben Sie dort mehr Glück, was ich allerdings bezweifle."
"Ihr tickt ja alle nicht mehr ganz richtig! Das ist doch wie DDR 2.0!" Sie stürmt wütend aus der Praxis.
Das war eine Frau Mitte 40, ordentlich gekleidet und gepflegt. Ich habe innerlich wohl ein Bild zu glauben, die "Corona-Leugner" seien alle asozial, Alkis und verzauste Zotteltypen. Stimmt irgendwie nicht, musste ich feststellen.
Die größte Klatsche war für mich, wie ich meinen Mitarbeiter dabei ertappe, wie sowohl er als auch sein Patient im Behandlungsraum beide die Maske auf dem Kinn tragen. Ich stelle ihn im Anschluß zur Rede. Er erzählt mir irgendwas von einem Professor Bahkdi und Dr. Lügenklinik (oder so ähnlich), etc. auf YouTube, die eindeutig beweisen würden Corona sei völlig ungefährlich, die Todesstatistiken alle frisiert, die Bilder von Massengräbern und Kühllastern alles Fakes und blablabla. Ein Mitarbeiter, 55 Jahre, den ich seit guten 5 Jahren glaubte zu kennen und der ein völlig weltoffener und auch geradliniger Typ ist... ein Mensch, der eine medizinische Ausbildung hat und täglich mit Risikopatienten zu tun hat - und jetzt erzählt er mir etwas von solchen Spinnern auf YouTube. Das ist zutiefst irritierend. Ich kann hier nicht anders und drohe ihm an, ihn von seiner Tätigkeit ohne weitere Vorwarnung freizustellen, wenn ich ihn noch einmal ohne Maske in den Praxisräumen mit Patienten sehe.
Ich komme früher oder später zwangsläufig ins Grübeln und muss mich fragen, was sehen die, was ich nicht sehe? Worin besteht für diese Menschen die Problematik sich an diese einfachen Regeln zu halten? Wogegen sträuben sie sich so sehr? Ich sehe hier keine Gefahr einer neuen Weltordnung oder so einen Schwachsinn. Wir sind dabei Strategien zu entwickeln, wie wir mit diesem Virus (zwangsläufig) eine Weile leben können - da uns derzeit gar nichts anderes übrig bleibt - und dabei so wenig Kollateralschäden wie möglich erleiden, während wir das alltägliche Leben weitestgehend am Laufen halten.
Und ja, dabei mag es sicherlich Regeln geben, die mögen sich im Nachhinein mal als mehr, mal als weniger geeignet erweisen - das liegt in der Sache der Natur! Wichtig ist doch, dass man jetzt an einem Strang zieht und desto mehr hier in die gleiche Richtung mitziehen, desto besser werden wir dort alle durchkommen.
Das sind Worte, mit denen sind diese Menschen leider nicht zu erreichen... es muss wohl erst richtig schlimm werden und das Fatale ist daran, dass es idR immer zuerst die Schwächsten erwischt.