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Dritter Akt: Die Rücknahme


Am 17. Juni 2003n schrieb uns Pressechef Albrecht folgende Email, die hier (bis auf eine ellenlange Signatur) ungekürzt veröffentlicht wird:

„Sehr geehrter Herr Dyck,

wir müssen leider die Genehmigung, die Keynote live per Audiostream zu übertragen zurücknehmen.

Sie sind natürlich herzlich zum Event eingeladen.

Georg Albrecht “

Diese Email erreichte uns am Vormittag, kurz nach zehn Uhr. In der Nacht zuvor hatten wir erstens alle unsere User (darunter natürlich zahlreiche Apple-Mitarbeiter) endgültig zum Stream eingeladen. Wir ließen sozusagen die Katze aus dem Sack. Außerdem luden wir die Webmaster der wichtigsten Mac-Sites dazu ein, je 500 „Freikarten“ an deren Leser auszugeben. Insgesamt boten wir 4.000 kostenlose Streams auf diese Weise an.

Es ist völlig offensichtlich, dass uns eine Absage des Streams zu diesem Zeitpunkt in größte Schwierigkeiten bringen würde. Apple hatte Mac-TV in eine äußerst peinliche Lage gebracht. Wenn man das bedenkt, ist es schon mehr als schofel, eine einzeilige Absage zu verschicken, die zudem keinerlei Begründung enthält oder gar Alternativen anbietet.

Ich schrieb umgehend zurück:

„Guten Tag,

so einfach geht das nicht. Wir haben uns eindeutig darauf geeinigt, und wir haben daraufhin einige Dinge veranlasst, die uns bereits sehr viel Geld gekostet haben. Wir haben uns an jede getroffene Vereinbarung gehalten und uns nur im Rahmen dieser schriftlichen Abmachung bewegt. Ich bestehe daher darauf, dass Sie zu Ihrem Wort stehen. Wenn es ein Problem gibt, können Sie es mir nennen, und ev. lässt es sich aus dem Weg räumen.

Sie wollen sich auf getroffene Abmachungen verlassen, und für uns gilt das auch.

Grüße,

J. Dyck
Mac-TV“

In Folge dieser Email entspann sich ein gewisses Hin und Her, bei dem ständig neue, fadenscheinige Gründe für die Rücknahme der Erlaubnis auftauchten. „Fadenscheinig“ schreibe ich deswegen, weil man anhand des Schriftwechsels klar erkennen kann, ob sie Substanz haben oder nicht. Wenn uns beispielsweise ein Verstoß gegen eine Vereinbarung vorgeworfen würde, die überhaupt nicht vereinbart war, dann ist das in diesem Sinne „fadenscheinig“. Dies nur zum besseren Verständis der folgenden Absätze.

Etwa eine halbe Stunde später kam prompt die Antwort mit einer verblüffenden Information:

„ Sehr geehrter Herr Dyck,

Zusammenarbeit basiert immer auf Vertrauen. Sie haben meine 1. mail vom Wochenende inhaltlich sofort auf Ihre Webseite gestellt. Dadurch sehe ich keine Basis für eine Zusammenarbeit gegeben.

Es bleibt dabei, Sie können keinen Audiostream unseres Events anbieten. Sie können, wie andere Kamerateams auch, redaktionell über den event berichten (= als Zusammenfassung), aber keinen Live-Feed anbieten.

Georg Albrecht“

Die Rücknahme der Erlaubnis wird also damit begründet, dass wir einen Vertrauensbruch begangen hätten, der unsere schriftlich geschlossene Vereinbarung aufheben würde. Abgesehen davon, dass dies juristischer Nonsens ist: Was war gemeint mit „1. Mail vom Wochenende“? Damit ist jene Mail gemeint, in der uns versichert wird, wir hätten den Stream exklusiv. Diese Email enthielt eine Passage, die als vertraulich gekennzeichnet war, nämlich Informationen darüber, inwieweit Apple selbst eine Aufzeichnung der Keynote anbieten würde. Dazu haben wir uns nachweislich nie geäußert. Bei uns ging es immer nur um den Live-Stream.

Das bedeutet, der Vorwurf eines Vertrauensbruchs ist sachlich nicht richtig, und jeder Leser kann das leicht nachprüfen.

Im weiteren Verlauf des Schriftwechsels ging es noch weiter um diese Sache, aber es ist angebracht, diesen Part etwas gekürzt darzustellen, weil er mit dem Stream nicht wirklich etwas zu tun hatte. Herr Albrecht stellte sich auf den Standpunkt, dass seine Antwort-Mails auf meine Anfragen auch dann nicht unbedingt veröffentlicht werden dürften, wenn diese nicht als vertraulich gekennzeichnet wären. Zusätzlich, wenn ein Absatz als vertraulich gekennzeichnet wurde, bedeutet das nicht, dass die anderen Absätze veröffentlicht werden dürfen.

Albrecht: „In meiner 2. mail schrieb ich, was vertraulich und nur für Sie ist. Das heist aber nicht, dass die anderen Teile der mail sofort publiziert werden können.“

Ich stellte mich hingegen auf den Standpunkt, dass eine Anfrage beim Pressesprecher logischerweise die Konsequenz einschließt, die Antwort für einen Artikel zu verwerten. Ansonsten wären solche Anfragen auch sinnlos.

Unter uns: Apple Deutschland würde gegenüber Mac-TV niemals irgendwelche relevanten Geheimnisse ausplaudern. Das ist für jeden leicht nachvollziehbar. Oder glaubt jemand, der Pressechef plaudert ausgerechnet gegenüber Mac-TV über die bekanntermaßen extrem pingelig gehüteten Geheimnisse von Apple? Wer das glaubt, dem ist nicht zu helfen. Insofern ist der ganze Zirkus reichlich albern.

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Die Kapitel des Beitrags:

• Erster Akt: Die Erlaubnis

• Zweiter Akt: Der Blanko-Scheck

• Erstes Fazit

• Dritter Akt: Die Rücknahme

• Vierter Akt: "Andere" Websites  (hier geht's weiter)

• Fünfter Akt: Apple macht die Schotten dicht

• Sechster Akt: Der Anwalt eilt zur Hilfe

• Siebter Akt: Kurze Besinnung

• Achter Akt: Das Finale

• Keynote-Stream: Hinter den Kulissen von Apple Deutschland