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Sechster Akt: Der Anwalt eilt zur Hilfe


Nachdem nun alle Gesprächsversuche von Apple im Keim erstickt worden waren, wollte ich prüfen lassen, wie viel die schriftliche Erlaubnis noch wert war und ob sie sich überhaupt durchsetzen ließe. Nach Darstellung meines Anwalts war der Fall recht einfach und wird am besten anhand des Faxes erklärt, welches er an Apples Geschäftsführer Frank Steinhoff schrieb:

„Sehr geehrter Herr Steinhoff, (...)

mein Mandant legte mir die mit Herrn Albrecht per Email geführte Korrespondenz vor. Aus der Email des Herrn Albrecht vom 6. Juni 2003 geht hervor, dass meinem Mandanten das Recht eingeräumt wird, die Keynote des Herrn Steve Jobs, die am 23.06.2003 in Berlin übertragen wird, per Telefon „ohne Einschränkung live“ zu übertragen. Diese Erlaubnis ist von Ihrem zuständigen Mitarbeiter meinem Mandanten gegenüber mit Rechtsbindungswillen abgegeben worden. Diese hat mein Mandant angenommen. Die Vereinbarung ist somit rechtswirksam. Im Hinblick hierauf hat er wesentliche technische Vorkehrungen mit einem erheblichen Arbeitsaufwand für die Liveübertragung am 23. Juni in Berlin getroffen, sodass entsprechend hohe Kosten entstanden sind.

Mit Email vom 17. Juni 2003 teilte Herr Albrecht mit, dass er die Genehmigung, die Keynote live per Audiostream zu übertragen, zurücknehme. Eine Begründung wurde nicht gegeben. Da die Erlaubnis vom 6. Juni 2003 ohne Vorbehalt erfolgte, ist die Rücknahme rechtlich nicht zulässig.

Mein Mandant ist jedoch weiterhin an einer gütlichen Einigung interessiert, sodass er folgendes Angebot unterbreitet:

Er überträgt die Keynote des Herrn Jobs am 23.06.2003 per Telefon ohne Einschränkung live für das Gebiet Deutschland, Österreich und die Schweiz, und zwar ausschließlich für die User von Mac-TV. Falls dieses Angebot in einigen Punkten abgeändert werden soll, wird um eine entsprechende Mitteilung gebeten. Dies stellt ein erhebliches Entgegenkommen dar. Mein Mandant ist jedoch nicht bereit, auf den bereits zugesicherten Live-Stream zu verzichten.

Ihrer Stellungnahme sehe ich bis zum Freitag, den 20. Juni, 10.00 Uhr entgegen. Nach Fristablauf bin ich beauftragt, eine einstweilige Verfügung einzureichen.

Mit freundlichen Grüßen,
Kaiser
Rechtsanwalt“


Was tat Apple? Apple ließ die Frist verstreichen und schlug auch dieses Angebot zu gütlichen Einigung aus. Folglich ging es nun darum, den Stream über eine sog. „einstweilige Verfügung“ zu erzwingen.

Eine einstweilige Verfügung ist sozusagen ein Schnell-Urteil. Es wird eingesetzt, wenn man nicht auf einen langen Prozess warten kann, weil dann der zu verhindernde Schaden bereits eingetreten wäre. Diese Urteile werden üblicherweise nach Aktenlage entschieden, etwas anderes kommt wegen der Kürze der Zeit gar nicht in Frage.

Was in den „Akten“ steht, habe ich bereits vorgelegt. Es steht dort vor allem, dass wir eine unbeschränkte, vorbehaltlose Erlaubnis haben, den Stream live per Telefon durchzuführen. Der ganze Rest des Schriftwechsels ist juristisch ohne Belang. Dieser Erlaubnis steht also nichts gegenüber, was die Durchsetzung der Erlaubnis gefährden würde.

Was bedeutet das? Das bedeutet, dass wir (abgesehen von einem minimalen Restrisiko) diese einstweilige Verfügung ziemlich sicher hätten erwirken können. Und weil das so ist, habe ich meinen Anwalt beauftragt, die einstweilige Verfügung nach Fristablauf zu erwirken.

Nun stellt man sich vielleicht die Frage, ob das nicht ein wenig zu weit geht: Soll man wirklich wegen so einem dämlichen Stream vor Gericht ziehen? Nun, hier ging es um mehr als den Stream. Hier ging es um die Glaubwürdigkeit von Mac-TV, die überall im Web angezweifelt wurde. Und wenn wir unsere Glaubwürdigkeit erhalten oder wiederherstellen wollten, mussten wir uns mit dem Stream durchsetzen.

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Die Kapitel des Beitrags:

• Erster Akt: Die Erlaubnis

• Zweiter Akt: Der Blanko-Scheck

• Erstes Fazit

• Dritter Akt: Die Rücknahme

• Vierter Akt: "Andere" Websites

• Fünfter Akt: Apple macht die Schotten dicht

• Sechster Akt: Der Anwalt eilt zur Hilfe

• Siebter Akt: Kurze Besinnung  (hier geht's weiter)

• Achter Akt: Das Finale

• Keynote-Stream: Hinter den Kulissen von Apple Deutschland