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Erste Erfahrungen


Die wichtigste Erfahrung ist eigentlich, wie gut alles funktioniert. Aber man sieht auch schnell, dass die Technik nicht ganz so trivial ist, wie es scheint, und dass sie noch verbessert werden muss. Zum Beispiel ergibt sich bei Ton und Bild eine gewisse Verzögerung, weil sich die Signale erstmal ihren Weg durchs Internet bahnen müssen. Dazu muss man wissen, dass die Art und Weise, wie das Internet funktioniert, keine direkte Übertragung erlaubt, wie das beim Telefon der Fall ist. Man kann nicht genau vorhersagen, wie lange die Datenpakete unterwegs sein werden. Es handelt sich auch nicht (wie beim Telefon) um einen kontinuierlichen Strom, sondern um viele kleine und unabhängige Pakete. Diese Pakete benötigen eine unterschiedliche Zeit durch das Netz. Es kommt oft vor, dass ein später versandtes Paket FRÜHER ankommt als ein früher versendetes Paket. Das Videoprogramm muss dann wieder die richtige Reihenfolge zusammensetzen.

Damit das funktioniert, benutzt man bei Videostreaming einen Pufferspeicher. Bei Mac-TV benutzen wir einen Puffer von 8 Sekunden Länge, was bedeutet, dass die Zuschauer erst nach 8 Sekunden sehen und hören, was ihr Player empfangen hat. Dadurch reißt aber der Stream auch dann nicht ab, wenn mal für ein paar Sekunden keine Daten ankommen.

Für Telefonie ist das natürlich nicht zu gebrauchen. Hier wirkt jede Art von Verzögerung schnell unnatürlich und ungewohnt. Apple benutzt einen Puffer von etwa einer halben Sekunde oder noch kürzer. Diese extrem kurze Zeitspanne ist bei Streams wirklich gewagt. Und doch scheint es sehr gut zu funktionieren. Dahinter steckt der Trick, dass bei Leitungsproblemen der Ton bevorzugt wird. Man merkt dann gar nicht, dass jemand auf der Leitung steht. Die Bildrate sinkt etwas, aber meist spürt man es nicht mal. Es ist erstaunlich, wie gut es klappt. Aus meiner Erfahrung mit Videostreaming weiß ich, dass dies keine Kleinigkeit ist. Die Qualität und das Timing der Übertragung sind gemessen an den bekannten Technologien hervorragend.

Trotzdem bleibt eine minimale Verzögerung. Ich habe beobachtet, dass Menschen ein sehr feines Gespür dafür haben, wann der Gesprächspartner eine Pause macht, sodass man etwas antworten kann. Das war mir vorher gar nicht bewusst, aber bei iChat AV fällt man sich recht oft ungewollt ins Wort. Der Grund: Wenn Redner 1 etwas sagt, kommt dies leicht verzögert bei Render 2 an. Rechnen wir mal mit einer halben Sekunde. Dann macht er eine Pause, und an dieser Pause erkennt Redner 2, dass er an der Reihe ist. Nach einer halben Sekunde beginnt er zu antworten. Diese Antwort kommt beim ersten Redner wieder nach einer halben Sekunde an. Insgesamt entstand ein „Loch“ von 1,5 Sekunden. Das klingt kurz und unbedeutend, aber wir sind es offenbar gewohnt, dass schneller geantwortet wird. Daher denkt man, die Antwort bleibt aus. Folglich redet man selbst weiter, um die peinliche Stille zu überbrücken. Wenn Redner 1 gerade wieder begonnen hat, kommt plötzlich die Antwort von Redner 2. Redner 1 hört daher wieder auf, zu reden. Redner 2, von dem die Antwort kam, vernimmt allerdings, dass man ihm (ungewollt) ins Wort fiel und unterbricht ebenfalls. Wieder Stille. Beide Redner sind irritiert.

Obwohl also die Verzögerungen minimal sind, haben die Menschen offenbar ein so feines Timing erlernt, dass auch nur ganz leichte Störungen zu einer recht schwierigen Konversation führen.

Es ist nicht sicher, dass sich dieses Problem überhaupt lösen lässt, denn die Verzögerung von iChat ist ja schon bemerkenswert kurz. Trotzdem ist es nach meiner Einschätzung eines der größten Probleme und Nachteile gegenüber dem Telefon. Ein Telefonat ist in dieser Hinsicht ungleich entspannter.

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Die Kapitel des Beitrags:

• iChat statt Telefon: Ein Langzeit-Bericht (Teil 1)

• Telefonjunkie ohne Telefon

• Der erste Eindruck

• Erste Erfahrungen

• Sprachqualität  (hier geht's weiter)

• Verbindungsaufbau

• Big Brother is watching you