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Sprachqualität


Ein zweites Problem ist die Audio-Qualität. Nach meiner Meinung steht und fällt damit die ganze Aktion. Leider ist sie bei iChat AV nicht gut. Der Klang ist viel zu dumpf. Tatsächlich ist der Klang eines Telefons viel klarer und besser zu verstehen. Man braucht schon etwas guten Willen, um sich das über längere Zeit anzutun, weil es eine ungleich höhere Konzentration erfordert.

Prinzipiell liesse sich die Tonqualität beliebig gestalten. Sofern mindestens eine DSL-Leitung vorhanden ist (und nur dann macht iChat AV Sinn), ist die Bandbreite jedenfalls kein Problem. Möglicherweise liegt die Ursache darin, wie die Tontechnik allgemein funktioniert. Ich erläutere das im folgenden Absatz; wen’s nicht so brennend interessiert, möge diesen kurzerhand überspringen.

Die Kamera nimmt über zwei eingebaute Mikros die kompletten Tonquellen der Umgebung auf. Es ist also kein Richtmikro. Dabei muss es recht empfindlich eingestellt sein, um auch aus einem halben oder ganzen Meter Entfernung noch einen vergleichsweise leisen Sprecher aufnehmen zu können. Gleichzeitig plärrt aber der Gesprächspartner aus den Lautsprechern, und das meist ebenso laut oder lauter als der lokale Sprecher. Das Ergebnis müsste eigentlich eine Rückkopplung sein. Normalerweise muss man in der Tontechnik höllisch aufpassen, dass das verstärkte Signal, welches aus den Lautsprechern tönt, nicht erneut ins Mikro gelangt, um dort erneut aufgenommen und wieder verstärkt zu werden. Genau das passiert aber mit der iSight. Wie kann die iSight unterscheiden, ob es sich bei einem Klang um meine eigene Stimme handelt (die aufgenommen werden soll) oder um die Stimme aus den Lautsprechern (die nicht aufgenommen werden darf)? Diffuse Umgebungsgeräusche kann man mit Tricks filtern, aber wenn der Klang einen klaren örtlichen Ursprung hat, klappt das nicht. In solchen Rückkopplungs-gefährdeten Situationen kann man sich zur Not helfen, in dem man jene Frequenzen unterdrückt, die am anfälligsten sind für Rückkopplungen, und das sind meist die Höhen. Wenn man die Höhen reduziert, wird der Klang dumpf und die Sprachverständlichkeit nimmt stark ab. Ich kann nicht sicher sagen, dass dies der Grund für den dumpfen Klang ist, aber eine andere Erklärung ließ sich nicht finden. Es ist überhaupt ein Wunder, wie Resistent die iSight gegen Rückkopplungen ist. Hier musste Apple sicher alle Register ziehen, die möglich waren.

Durch die etwas verminderte Tonqualität neige ich dazu, besonders laut zu reden. Man kennt das ja: Wenn man jemanden am Telefon nur leise hört, kräht man selbst mit Volldampf in die Muschel, obwohl das eigentlich Unsinn ist. Manche Leute beginnen auch, sehr laut zu reden, wenn sie einen Kopfhörer aufgesetzt haben und laute Musik hören. Jeder kennt das: Man fragt jemanden beiläufig „Wie geht’s?“ und wird angeschrien: „DANKE!!! MIR GEHT’S GUT!!!“. Ich habe mich selbst dabei beobachtet, wie ich bei der iSight viel lauter und angestrengter rede als am Telefon. Dies ist ein Indiz dafür, dass mit der Audio-Komponente der Konversation irgendetwas noch nicht den bisherigen Gewohnheiten entspricht.

Etwas seltsam ist, dass das Videofenster, in dem der Gesprächspartner erscheint, keinen Lautstärkeregler aufweist. Man kann lediglich die Gesamtlautstärke des Systems verändern – aber vielleicht möchte man das nicht. Denn dann werden auch alle Warntöne usw. lauter oder leiser. Es ist nur ein Detail, aber ich frage mich schon, warum iTunes und Quicktime solche Regler haben, nur iChat nicht.

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Die Kapitel des Beitrags:

• iChat statt Telefon: Ein Langzeit-Bericht (Teil 1)

• Telefonjunkie ohne Telefon

• Der erste Eindruck

• Erste Erfahrungen

• Sprachqualität

• Verbindungsaufbau  (hier geht's weiter)

• Big Brother is watching you