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macOS Ventura: die neuen Settings


09.06.2022   Lasst mich zunächst im Namen aller Mac-Anwender sprechen: Das ist ein Skandal! — Ah, jetzt geht es mir besser.



Die neuen »System Settings« werden im Web erwartungsgemäß sehr kritisch diskutiert. Lob findet man wenig; dabei geht es nicht um ein paar Bugs oder Baustellen, sondern um grundsätzliche Dinge. Es geht darum, dass der Mac weiterhin der Mac bleiben darf.

Was aber ist der Mac? Diese Frage stellt sich nicht erst seit der Konkurrenz zu den iOS-Geräten. Als Steve Jobs im Jahr 2000 dem staunenden Publikum den neuen Finder von OS X vorstellte, sagte er, die meisten Mac-Anwender würden den Finder und den Desktop betrachten als »das System« oder »den Mac«. Aber für ihn wäre der Finder einfach eine weitere App.



Die ersten Betas von OS X schafften sogar die Möglichkeit ab, Dateien auf dem Desktop abzulegen. Aber der Desktop war für viele Anwender das Gesicht des Macs und eben nicht nur eine »App« mit ein paar Dateien. Es ging nicht nur um Dateien, sondern darum, wie der Mac funktionierte und wie er sich dem Anwender zeigte.

Die Empörung war so groß, dass Steve Jobs den Desktop wieder herbei schaffte und auch einen speziellen Finder-Modus schuf, der genau so funktionierte wie früher.

Man kann diesen Modus noch heute einschalten, wenn man nämlich im Finder die Button-Leiste ausblendet. Dann öffnet jeder Klick auf einen Ordner ein weiteres Fenster, so wie es bis zu MacOS 9 üblich war. Erst OS X bevorzugte es, innerhalb eines einzigen Fensters zu navigieren.



Was hat das mit den neuen Settings von macOS Ventura zu tun? Die Systemeinstellungen waren stets ein besonderes Merkmal des Macs. Sie waren übersichtlich, leicht zu verstehen und schön gestaltet. Das war ein deutlicher Unterschied zum undurchschaubaren Gestrüpp von Windows, speziell in dessen früher Geschichte.

Hier sind die Systemeinstellungen des ersten Macintosh:



Es war alles in einem einzigen Fenster erreichbar. Es gab nicht zu viele Optionen. Klare Symbole machten Texte überflüssig. Apple wollte damals vermutlich die Überlegenheit einer grafischen Oberfläche demonstrieren und verbannte deshalb alle Texte.

Spätere Versionen wurden komplexer, aber nie kompliziert:



Noch etwas später hat Apple dann für jede Einstellung ein eigenes Fenster angezeigt. Die Einstellungen rief man über ein Menü auf:



Hier ist ein Beispiel für ein solches „Kontrollfeld“, wie es damals hieß. Auch mit den separaten Fenstern blieben sie übersichtlich, verfügten über eine klare Hierarchie, und man verstand schnell, was los war.



Erst OS X brachte dann alle Einstellungen wieder in ein einziges Fenster. Das war eine schöne Referenz an (aus damaliger Sicht) »die gute alte Zeit«. Es beruhigte die Anwender, die befürchteten, sich in Zukunft mit einem hochkomplexen UNIX-System herumschlagen zu müssen.



Die Beherrschbarkeit ist ein Merkmal des Macs. Dazu gehören flache Hierarchien. Kurze Wege. Verständliche Funktionen. Es ist eben mehr als nur eine »App« zur Konfiguration. Sondern gerade hier muss der Mac erkennbar sein als Mac. Deswegen reagieren seine Fans so stark auf dieses Thema.

So sehen die neuen »Settings« aus:



Auf den ersten Blick ist nichts verkehrt. Natürlich sieht es ungewohnt aus, aber die Idee, dass alle Einstellungen aus einer langen Liste an Optionen bestehen, ist immerhin konsistent und einfach.

Jedoch!

Hier ist die Einstellung der Maus, wie sie bisher unter macOS glänzte:



Es ist sehr hübsch gestaltet. Ein kleines Video macht deutlich, um welche Gesten es geht. Es handelt sich also nicht nur um eine »Einstellung«. Sondern man lernt etwas, entdeckt etwas Neues und wird an der Hand geführt, ohne dass man sich kindisch vorkäme. Vor allem fühlt man, dass diese Einstellungen, obwohl man sie vielleicht selten braucht, mit ganz besonders viel Liebe gestaltet wurden. Das ist genau das, was den Mac von anderen Plattformen unterscheidet. Die Liebe zum Detail.

Hier ist die traurige Version von macOS Ventura:



Das sieht aus wie die Webseite der Bahn. Es ist ein langes Formular an Optionen.

Noch ist es eine Beta-Version. Und man muss auch mal alte Traditionen über Bord werfen dürfen und etwas Neues probieren. Insgesamt macht es Sinn, die Settings auf allen Apple-Plattformen ähnlich zu gestalten. Wer sich mit dem iPad auskennt, soll auf dem Mac nicht lange suchen müssen.

Andererseits: Die Settings unter iOS und iPadOS sind nicht gerade ein Musterbeispiel für Übersichtlichkeit. Durch die vielen Funktionen und Optionen sind sie selbst für Power-User oft rätselhaft und undurchschaubar. Man ist froh, wenn man wieder heil herauskommt. Es ist schon lange nicht mehr zutreffend, dass iOS und iPadOS die »einfachere« Plattform darstellt. Ich hätte eher darauf getippt, dass Apple dort etwas aufräumt, anstatt dieses System auf den Mac zu übertragen.

Ich bin gespannt, wie es bei den Settings weitergeht und ob Apple auf das Feedback der Anwender hört. Mir gefällt die Debatte, die darum im Web geführt wird. Das zeigt, dass sich die Anwender um solche Dinge kümmern, und das macht irgendwie Spaß.

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