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iPad und Stage Manager: Was tun, was tun?


15.06.2022   Urteilt man anhand der Anzahl der Leserkommentare, bewegt die Anwender derzeit nichts so sehr wie die Tatsache, dass Stage Manager nur auf iPads mit M1-Prozessor läuft. Apple hat bereits versucht, die technische Ursache dafür zu erläutern. Doch viele Anwender glauben dieser Begründung nicht.



Lassen wir zunächst Software-Chef Craig Federighi zu Wort kommen:

"We began some of our prototyping involving those systems and it became apparent early on that we couldn't deliver the experience that that we were designing toward with them," he said. "Certainly, we would love to bring any new experience to every device we can, but we also don't want to hold back the definition of a new experience and not create the best foundation for the future in that experience. And we really could only do that by building on the M1." (Quelle)

Er sagt, dass bereits bei frühen Prototypen klar wurde, dass nur die M1-Prozessoren jene »Experience« möglich machten, die man sich als Ziel vorgestellt habe. Und man wollte dieses Ziel nicht verwässern, sondern eine bestmögliche Grundlage für die Zukunft schaffen.



Worin genau bestand die »Experience«, die mit früheren Prozessoren nicht möglich war? Die große Überschrift dazu lautet: Bandbreite. Bandbreite hin zum externen Display per Thunderbolt; Bandbreite zum RAM und zur SSD, denn beide tauschen blitzschnell große Datenmengen aus, damit der zu knapp bemessene RAM ausgeglichen werden kann; und natürlich superschnell angebundener RAM, wie es das Merkmal des M1-Designs ist.

»It's only the M1 iPads that combined the high DRAM capacity with very high capacity, high performance NAND that allows our virtual memory swap to be super fast. (…) Now that we're letting you have up to four apps on a panel plus another four – up to eight apps to be instantaneously responsive and have plenty of memory, we just don't have that ability on the other systems« (Quelle)

Eine besondere Anforderung scheint darin zu bestehen, dass speziell Geräte mit Fingerbedienung auf eine sofortige grafische Reaktion angewiesen sind, die mit den gewünschten Schatten usw. einen leistungsfähigen Chip erfordern:

»If you look at the way the apps tilt and shadow and how they animate in and out. To do that at super high frame rates, across very large displays and multiple displays, requires the peak of graphics performance that no one else can deliver (…) When you put all this together, we can't deliver the full Stage Manager experience on any lesser system. (…)«

Zur Frage, ob man nicht eine weniger aufwändige Version für frühere iPads realisieren könnte, sagte er, man wollte sich mit weniger nicht zufrieden geben:

»I mean, we would love to make it available everywhere we can. But this is what it requires. This is the experience we're going to carry into the future. We didn't want to constrain our design to something lesser, we're setting the benchmark for the future.«

Ich bin hin und her gerissen, ob ich das plausibel finden soll. Es mag durchaus sein, dass es einen zusätzlichen Aufwand erfordert hätte, ältere iPads zu berücksichtigen. Vielleicht hätte man auch die Anzahl der gleichzeitig offenen Apps beschränken müssen.

Andererseits: Der Mac hatte damit nie Probleme, auch mit deutlich weniger RAM und deutlich langsameren Festplatten. OS X begeisterte vor 20 Jahren mit butterweichen Animationen, Transparenzen und Schatten. Mit iOS 7 wurden diese Animationen und Schatten sogar zum zentralen Design-Element.



Es stimmt wohl, dass ein zusätzliches 5k-Display ganz außerordentlich hohe Anforderungen stellt. Aber es ist nicht sofort offensichtlich, warum ein A12 oder ein A13 dies nicht können soll, denn Apple hat eigenhändig demonstriert, dass ein Mac mit A12Z-Prozessor tadellos funktioniert, sogar mit 6k-Display. Allerdings waren diese Developer-Kits mit 16 GB RAM ausgestattet, und das ist durchaus ein großer Unterschied.

iOS war zwar stets darauf optimiert, Apps aus dem RAM auf die SSD zu schaufeln und wieder zurück. Das System kümmert sich selbst darum; anders als beim Mac, wo der Anwender selbst dafür verantwortlich ist, nicht benötigte Apps zu schließen. Wahr ist aber auch: Man konnte diesen Vorgang bei iOS teilweise beobachten, weil er so langsam war. Jeder hat bereits gesehen, wie Safari-Tabs erst wieder geladen werden mussten, weil sie zwischenzeitlich aus dem RAM geworfen wurden.

Für Stage Manager, da gebe ich Craig Federighi recht, wäre das nicht schön. Denn Stage Manager impliziert, dass der Anwender laufend zwischen den Apps wechselt, und dafür müssen sie sich entweder im RAM befinden, oder der Transfer von/zur SSD muss extrem schnell sein. Dieser Transfer wurde beim M1 um das Doppelte beschleunigt. Zudem kann man den M1 nicht nur mit 6 GB RAM bekommen, sondern mit 16 GB. Das sind durchaus Größenordnungen, die man nicht so einfach mit einer lustigen Technik überspielen kann.



Was tun? Wer heute ein iPad besitzt, sagen wir mal ab der Generation ohne Home-Button, der hat ein aktuelles Gerät, ganz egal, welches Datum auf dem Kassenzettel steht. Die Geräte sind pfeilschnell, laufen butterweich und zeigen keinerlei Alterserscheinungen. Im Gegenteil! Man hat stets darauf gewartet, dass die Leistung endlich mal genutzt würde. Soll man so ein Gerät nun zum Alteisen geben und schon wieder Geld ausgeben für das nächste iPad? Ich blicke auf mein iPad Pro von 2018 (das erste ohne Home-Button) und schüttle sofort den Kopf.

Wer weiß, ob nicht im Herbst die ersten iPads mit M2-Prozessor vorgestellt werden? Gerade die iPad-Kunden werden jetzt erst recht vorsichtig sein. Diskussion im Forum Aktuelle Sendung: iPadOS — Keynote-Stammtisch