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Apple-Wunder bei McDonalds


30.06.2022   Ab und zu verschlägt es mich aus Nostalgie zu McDonalds, und jedes Mal schwöre ich, dass ich zum letzten Mal hingegangen bin.



Aber bei meinem definitiv und endgültig letzten Besuch wurde ich Zeuge eines technischen Wunders von Apple. Und Wunder, das weiß jeder, müssen regelmäßig besucht und angebetet werden. Vielleicht war ich also doch nicht das letzte Mal bei McDonalds? Die Wege des Herrn sind schließlich unergründlich.

Bevor ich zur Verkündigung des Wunders schreite, ist eine kurze Predigt unerlässlich.

Liebe Gemeinde! Selbstverständlich bestelle ich aus Gründen, die jedem nur allzu einleuchtend erscheinen werden, stets die vegane Burger-Variante. Seit kurzem mit einer nochmals verbesserten Rezeptur gesegnet, ist diese Variante, die ursprünglich für eine gottlose ketzerische Minderheit vorgesehen war, zum eigentlichen Star der Speisekarte avanciert. Der Klops ist innen zart, außen knusprig, und obendrauf gibt es eine Extra-Portion Tomate, frischen grünen Salat und rote Zwiebeln. Die vitaminreiche Herrlichkeit wird umrahmt von zwei matschigen Brötchenhälften, die aus allerbestem Baustoff hergestellt werden; jedenfalls bin ich neulich beim Renovieren meines Schlafzimmers von der Leiter gestürzt und in einen Sack mit pulverisiertem Gips gefallen. Das Geschmackserlebnis war identisch.



Natürlich kann man nicht einfach bei McDonalds aufkreuzen und die Herausgabe des Burgers verlangen. Denn, liebe Gemeinde, vor den Lohn hat der Herr den Fleiß gesetzt! (Was natürlich beim Vorhandensein von Allmacht etwas dämlich ist, aber sei’s drum).

Der hungrige Pilger sieht sich daher zunächst vor die Aufgabe gestellt, sein Begehr vermittels eines gigantischen Touchscreens kundzutun, mit dem er sich durch zahlreiche Angebote und Optionen hangelt, die ihm in bunten Bildern präsentiert werden. Das dauert eine kleine Ewigkeit. Außerdem sind die Touchscreens alles andere als hygienisch, zumal man auch den Burger mit den Händen essen soll. Ganz ehrlich, dann kann man sich auch die Maske sparen.



Aber wozu besitze ich ein iPhone? Vermutlich gibt es eine App. Und tatsächlich kann man damit eine Bestellung aufgeben, die per GPS-Ortung genau in dem Lokal zubereitet wird, in welches man seine müden Schritte gelenkt hatte.

An dieser Stelle gelangen wir nun in den Bereich des Wundersamen und Unerklärlichen. Genauer gesagt, wir treten ein in die geheimnisvolle Welt von »Apple Privacy«. Denn beim Starten der App wird ein Großalarm ausgelöst!

Warum? Die App wollte meine Daten. Das dreiste Ansinnen ruft Apostel Tim auf den Plan, den Schutzpatron aller Bits und Bytes. Sobald Alarm geschlagen wurde, prüft er jeglichen Datenverkehr persönlich.



Die McDonalds-App wollte, anders als bei den großen Touchscreens, folgendes für mich bewerkstelligen: Erstens, die Aktivierung von Push Notifications für die Anzeige dringender Rabattcoupons und nicht aufschiebbarer Gewinnspiele. Zweitens, die Speicherung meine Mail-Adresse zwecks automatischen Abonnements zahlreicher nützlicher Newsletter. Drittens, meinen Namen und meine Anschrift für die persönliche Ansprache. Viertens, meine Zahlungsdaten. Sehr zuvorkommend war, fünftens, auch das Angebot zur Auswertung meiner Bestellungen, um diese anhand Künstlicher Intelligenz verbessern zu können, genauer gesagt durch Künstliche Eiskrem.

Apostel Tim starrte eine Weile auf diese Anfrage. Dann kniff er die Augen zu engen Schlitzen zusammen und knurrte: »Nein«.

Das war absolut nobel und mutig. Auch die Kürze der Mitteilung sei gelobt. Aber wie gelangte ich nun an meinen Burger? Da stand ich nun, erschöpft und verlassen, mitten im Tempel der Speckröllchen und Schokolinsen, umgeben von fröhlichen Menschen, die dort weilten mit ihren Liebsten, die aßen und tranken, die lachten und das Leben genossen — und ich sehnte mich nach nichts weiter als einem ehrlichen Stück Brot!

Und da geschah das Wunder.

Ich konnte mich in der App mit meiner Apple-ID anmelden, ohne umständlich alle meine Daten eingeben zu müssen. Doch Apple sendet dabei nicht alle Daten an den Betreiber der App. Sondern wahlweise nur die ID, den Namen oder die Mail-Adresse. So kann der Anwender entweder anonym bleiben, oder er möchte vielleicht absichtlich seine Mail-Adresse mitteilen.

Aber es kommt noch raffinierter: Apple bietet an, automatisch eine Fake-Adresse zu erzeugen; diese Fake-Adresse wird an McDonalds gesendet. Apple speichert jedoch den Vorgang und kann Mails, die zurück an die Fake-Adresse gesendet werden, an mich weiterleiten. So bleibe ich erreichbar, aber niemand erhält meine echte Adresse. Die Fake-Adresse kann ich jederzeit löschen.



Das Bild oben zeigt, wie es aussieht. Die Funktion hat zu tun mit »Hide My Email«, aber hier wird es beim Login mit einer Apple-ID automatisch angeboten, ohne dass ich es erst einschalten müsste. Ein toller Service!

Ich erhalte also von Apple eine Schatten-Adresse, die in meinem Fall lautet: y658z8788y@privaterelay.appleid.com. Das klingt simpel. Aber einen solchen Dienst für eine Milliarde Anwender zu realisieren ist nicht ganz trivial. Dazu gehört auch, dass es innerhalb der McDonalds-App auftauchen muss, ohne dass die App jemals etwas von den Daten sähe, und ohne dass die App irgendeinen Einfluss auf die Funktion bekäme.

Und tatsächlich: Kaum hatte ich die Funktion benutzt, landete eine aufgekratzt-begeisterte Email von McDonalds in meinem Postfach, die mich über meinen neuen Account informierte. Aber will ich überhaupt einen Account?

Naja, vielleicht schon. Dann kann sich die App merken, dass ich ohnehin immer dasselbe bestelle, sodass die vielen Taps entfallen, während derer man mir zusätzliche Soßen, XXL-Donuts und zuckrige Shakes feilbietet. Aber ich gehe ja eh nicht mehr hin.

Jedenfalls, als ich endlich meinen »Warenkorb« zusammengeklickt hatte, konnte ich mit Apple Pay bezahlen. Das funktioniert wie immer reibungslos und schnell. Mein Ziel, die Bestellung ohne das glitschige Geschmier auf den großen Touchscreens aufzugeben, hat funktioniert. Zudem stehen die Leute an diesen Terminals so dicht beieinander, dass man sich zwangsläufig die Viren ins Gesicht hustet. Nein, man muss nicht hysterisch sein, aber man muss sein Unglück auch nicht absichtlich herausfordern. Schon gar nicht wegen eines Burgers aus Gips.

Ich fand es beeindruckend, wie viel Apple bei einer simplen Burger-Bestellung für mich getan hat. Es handelt sich durchweg um die »Extra-Meile«, die Apple angeblich für seine Kunden geht. Offenbar sind es keine leeren Worte. Anstatt sich selber blutrünstig auf die Eingeweide meiner Daten zu stürzen, wie es bei Android und anderswo üblich ist, hat Apple sich für mich eingesetzt — sogar in einer App, in der Apple eigentlich nichts zu melden hat. Es hat den Vorgang nicht komplizierter gestaltet, sondern sogar vereinfacht. Die ganze Technik lief still im Hintergrund. Es hat sogar Spaß gemacht.

Eine nur für Computer-Nerds erkennbare Logik schließt meine Erzählung. Um einen veganen Fake-Burger zu bestellen, verwendete ich eine Fake-Adresse. Hihi!

Wirklich schade, dass ich nicht mehr hingehe. Diskussion im Forum