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USB-A wird bleiben — für immer!


26.07.2022   22 Jahre alt ist USB 2.0. Das ist eine Ewigkeit in der Computertechnologie. Es hat alle Vorgänger überlebt, aber auch alle Nachfolger. Keine alternative Technologie konnte jemals etwas ausrichten, weder Firewire noch Thunderbolt, noch eSATA noch sonstwas. Selbst moderne Geräte, sogar von hochpreisiger Art, werden heute mit USB-A ausgeliefert. Es wird Zeit, den Sieg von USB-A zuzugeben und daraus zu lernen.



Für Apple-Anwender ist die Sache klar. Die schnellste und vielseitigste Schnittstelle sollte gewinnen. Das ist derzeit USB-C mit Thunderbolt. Also warum kapiert der Rest der Welt es nicht endlich?

Apple versucht seit 2016, den Markt in diese Richtung anzuführen. Aber eine kurze Bestandsaufnahme bei einem beliebigen Retailer wie Arlt, Conrad, Saturn oder Amazon zeigt: Wer heute nach High-End-Tastaturen sucht, oder nach Audio-Zubehör, Podcast-Mikrofonen, Gaming-Controllern oder Speichersticks: Es ist fast alles USB-A. Locker neunzig Prozent. Die restlichen zehn Prozent teilen sich in Bluetooth und ganz selten USB-C. Die Theorie, dass der Markt sich langsam aber sicher in Richtung USB-C orientieren würde, ist vermutlich falsch. Das ist höchstens in der Apple-Welt so.

Woran liegt das? Das liegt vielleicht daran, dass die modernen Schnittstellen viel zu aufwändig und viel zu teuer sind für die meisten Anwendungen. Die meisten Kunden schließen offenbar keine superschnellen SSDs an, deren hoher Preis sich nur dann rechtfertigt, wenn die Daten über eine ebenso schnelle Schnittstelle in den Computer gelangen. Sondern die meisten Anwender verwenden eine Tastatur und ein Headset. Sie wollen ein Smartphone aufladen und die Daten einer Fitness-Uhr übertragen.

USB-A hat sich sozusagen neu etabliert als billige aber zuverlässige Low-End-Lösung. Es ähnelt dem Moment, als die NASA erkannt hat, dass die einfachen russischen Mondraketen am Ende zuverlässiger und preiswerter waren als das überkomplizierte Space Shuttle. Zuerst war man sauer, aber dann erkannte man die Vorteile.

USB-C und Thunderbolt erfordern sehr komplizierte Kabel, die in ihren Steckern wahre Wunderwerke an Prozessoren beherbergen. Die Chips sorgen einerseits für einen störungsfreien Datenfluss, andererseits organisieren sie die Stromversorgung, die deutlich komplizierter abläuft als einfach zwei Kupferdrähte in eine Steckdose zu stecken. Mal liefert die Verbindung nur vorsichtige 5 Watt, mal schaltet sie den Turbo ein für 100 Watt.



Ein Kabel, das 40 Gigabit pro Sekunde übertragen und gleichzeitig 100 Watt liefern kann, ist nicht trivial zu bauen. Das Bild unten zeigt den komplexen Aufbau allein des Kabels.



Warum gibt es überhaupt Chips im Kabel? Warum nicht im Computer? — Das liegt teilweise daran, dass die PC-Hersteller keine unnötigen Kosten akzeptieren wollten. Ein Teil der Elektronik musste ins Kabel.

Zur Erinnerung: USB 1.0 verfolgte ursprünglich den exakt gegenteiligen Ansatz. Das Kabel sollte so einfach und billig wie nur möglich sein. Als Vorlage diente Apples ADB-Port, der mit ein paar einfachen Kupferlitzen funktionierte und der speziell für langsame Desktop-Geräte wie Maus und Tastatur gedacht war. Es bestand aus zwei Leitungen für Strom (Plus und Minus) und zwei Leitungen für die Daten. Die zwei Datenleitungen ermöglichten eine simple Fehlerkorrektur. Dazu kam noch die Erdung, und fertig war das Kabel.



USB 2.0 erforderte für die höhere Datenrate etwas mehr Intelligenz. Aber Intel integrierte die nötigen Schaltkreise einfach in ihre Chipsätze, die sowieso in jedem Computer verbaut werden mussten. Dadurch bekamen die PC-Hersteller es sozusagen gratis. Das war die Voraussetzung für den Erfolg. Auch die Kabel sind heutzutage für wenige Euro zu haben.

USB-C ist das exakte Gegenteil. Es erfordert aufwändige Schaltkreise sowohl im Gerät als auch im Kabel. Das Bild unten zeigt ein aktuelles Kabel von Apple. Es kostet 179 Euro.



Es misst drei Meter, was für hoch performante Kabel bereits recht lang ist. Die Variante mit 1,8 Metern hat aber immer noch einen Preis von 149 Euro. Zum Vergleich: Das günstigste Apple TV kostet 159 Euro, ein HomePod mini gerade mal 99 Euro.

Um die Preise niedrig zu halten, bietet Apple ein besonders kurzes Kabel an. 80 Zentimeter kosten immer noch 45 Euro.

USB-C ermöglicht auch einfachere Kabel, mit geringerer Datenrate und geringerer Wattstärke, speziell geeignet als Ladekabel oder für langsamere Geräte. Apple legt solche Kabel seinen iPads bei. Separat kostet es dann immerhin noch 25 Euro.



Vielleicht hat USB-A so hartnäckig überlebt, weil es bei allem technischen Krimskrams genau das bietet, was die Leute gerne haben wollen: Es funktioniert gut und kostet fast nichts. Über welche Technologie könnte man das sonst noch sagen?

Vielleicht hat USB-A noch eine lange Zukunft. Die EU ist offenbar entschlossen, USB-C für Smartphones verpflichtend zu machen, und vielleicht hat das auch Auswirkungen auf den Desktop. Aber ebenso wäre es möglich, dass die Leute einfach unterschiedliche Kabel für unterschiedliche Zwecke verwenden — HDMI hat ja schließlich ebenfalls überlebt.

Schade, dass Steve Job nicht mehr da ist. Im Geiste höre ich ihn auf einer Keynote sagen:

»There’s a lot of really, really great devices out there. They are great. But there are also a lot of awful ones. And we made a new cable, just for them. And we are calling it — USB-A. It’s awful. Here it is.«

Ich hätt’s gekauft.

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