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Was sagt uns die neue Meta-Brille über Apple?


01.10.2024   Die Welt ändert sich, um gleich mal mit einer Phrase zu beginnen. Die Berichterstattung über Alltagstechnologie findet heutzutage fast ausschließlich auf YouTube statt — so sehr, dass die früheren »Pressekonferenzen« zu YouTube-Events geworden sind.



Nun könnte man denken, dass ein Journalist immer die klassischen W-Fragen beantwortet, egal in welchem Medium: Wer, wann, wo, warum. Aber das ist ein Trugschluss. Denn mit dem Medium und mit dem Thema ändern sich diese Fragen. YouTube beantwortet meist die folgenden drei Fragen: Was; wie gut; und wie viel besser wäre das Produkt geworden, wenn man mich gefragt hätte. Je nach Kompetenz des Vortragenden wird eher dem vorderen oder dem hinteren Teil dieser Fragen die meiste Zeit gewidmet.

Zum Vergleich: Im politischen Umfeld lauten die Fragen: Was, wer, und mit welcher Absicht? Im wirtschaftlichen Umfeld kommt noch hinzu: Warum gerade jetzt? Denn Timing ist in der Wirtschaft oft entscheidend.

Welche Fragen gibt uns die neue Meta-Brille auf? Was und wie gut das Produkt ist, stellt sich nur am Rande, da es (noch) kein Produkt ist. Genau genommen ist es nichtmal eine Ankündigung eines Produkts. Umso interessanter werden die Fragen nach der Absicht und dem Timing. Was hat Meta bewogen, genau jetzt einen Labor-Prototypen vorzustellen?

Man muss unweigerlich an den »Osborne-Effekt« denken. Die Firma Osborne Computer verkaufte zu Beginn der PC-Revolution ein populäres Gerät. Im Jahr 1981 kündigte man an, an einem verbesserten Modell zu arbeiten. Daraufhin brachen die Verkäufe des aktuellen Modells so sehr ein, dass die Firma Konkurs anmelden musste.



Worin besteht angesichts dieses Risikos der Vorteil für Meta?

Vielleicht sieht Meta eine Chance, sich selbst als Technologieführer bei digitalen Brillen zu etablieren — eine Rolle, die Apple mit der Vision Pro erobert hatte. Apple ist derzeit angreifbar, weil die Vision Pro nicht so erfolgreich ist, wie man es angesichts des enormen technischen Aufwands wünschen würde. Doch das währt nicht ewig. Die Zeit ist für Meta günstig, aber Apple lernt schnell.

Vielleicht ist ein Marketing-Stunt alles, was man aus einem gescheitertem Projekt noch herausholen konnte. Denn mit einem Preis von angeblich 10.000 Dollar pro Stück (aber wie zuverlässig wissen wir, dass es nicht 20.000 Dollar sind?) ist Metas Orion-Projekt erstmal gescheitert. Der Grund für den hohen Preis liegt laut Meta an einer geringen Ausbeute für die Fertigung der speziellen Linsen. Und wenn die Ausbeute gering ist, kann man den Preis nicht durch hohe Stückzahlen senken.

Interessant ist dabei, dass Hersteller wie Osram offenbar in der Lage sind, Linsen zu fertigen, in die virtuelle Bilder projiziert werden können. Ist es also doch nicht aussichtslos? Hat Meta einfach auf die falsche Technologie gesetzt? Hat Meta Wind davon bekommen, dass Apple mit einer anderen Herangehensweise einen Durchbruch erzielen konnte?

Wenn das stimmt, dann ist das Timing aufschlussreich. Nichts wäre peinlicher für Meta, als wenn Apple, den Gerüchten entsprechend, im kommenden Frühjahr eine funktionierende offene Brille vorstellen würde. Dann würde Meta aussehen wie ein amateurhafter Verein, der von den Profis düpiert wurde. Aber wenn Apple noch zwei oder drei Jahre benötigt, dann könnte Meta sagen: Seht her, jetzt haben sie bei uns abgekupfert, wir waren die Ersten.



Apple ist bekannt für Design, aber unterhalb des Radars der Öffentlichkeit ist Apple erstklassig bei Materialwissenschaft und Fertigungstechnik. Genau diese zwei Fähigkeiten werden offenbar benötigt für die speziellen Gläser einer offenen Brille. Ein weiterer Faktor ist Tim Cook. Zu seiner Strategie gehört es oft, sich knappe, aber unverzichtbare Ressourcen (Materialien, Bauteile, Fertigungskapazitäten) exklusiv zu sichern, um Konkurrenten den Zugriff darauf zu versperren. Vielleicht ist das die Quelle für die Ahnung der Meta-Ingenieure, dass Apple in diesem Bereich aktiv geworden ist. Das ist natürlich alles nur Spekulation (YouTube-Version: das stimmt alles zweifellos).

Immerhin zeigt die Meta-Brille, dass es prinzipiell möglich ist. Das führt uns zurück zum Anfang des Artikels: Timing ist alles.

Diskussion im Forum Metas Orion-Brille: Ist das der Durchbruch?